Die Sage vom Klemensstock

„Vor alter Zeit diente auf dem Hofe zu Berg bei Nideggen ein Schäfer, der Klemens hieß. Er war fromm wie ein Heiliger; aber er lebte sein gottseliges Leben so still, dass es allen verborgen blieb. Man hielt ihn für einen guten Menschen, kümmerte sich sonst aber wenig um ihn.

Eines Tages, da Klemens seine Schafe hütete, wurde er plötzlich so müde, wie er es noch nie gewesen war, selbst dann nicht, wenn er die ganze Nacht über gewacht und gebetet hatte. Er stieß seinen Stab in die Erde, legte sich nieder und schlief bald so tief, als sollte er nie mehr die Augen auftun.

Als er nach Stunden wieder erwachte, war es schon dunkel, und so neblig war es, er konnte kaum seine Hand vor Augen sehen. Von seinen Schafen und seinem Stab fand er nicht eine Spur. So machte er sich auf den Heimweg ohne sie. Hätte er sich in der Gegend nicht ausgekannt, er wäre gewiss in die Irre gegangen. Auch jetzt musste er Ohren und Augen auftun, um nicht den Hof zu verfehlen.

Wie angewurzelt blieb er auf einmal stehen. Hörte er in der Ferne nicht Schafe blöken? Wie er meinte, musste dort der Hof etwa liegen. So ging er in diese Richtung, und mit jedem Schritt, den er tat, hörte er mehr und näher das Rufen der Tiere, als wollten sie ihm den Heimweg weisen. Er schritt rüstiger aus, erreichte den Hof auch und ging gleich in den Stall. O Wunder! Alle Schafe, ob groß oder klein, hatten sicher heimgefunden.

Anderen Morgens führte er sie wieder der Stelle zu, wo sie gestern gewesen waren. Stand da der Stab in der Erde und hatte drei Blätter getrieben. Klemens ließ ihn stehen, und mit den Jahren wuchs der Steckling zu einer mächtigen Linde.

So verherrlichte Gott seinen demütigen Diener schon hier auf Erden. Klemensstock nannte das Volk bald den Wunderbaum. Noch heute steht er oberhalb Bergs und verkündet, was einst hier geschehen ist. Klemens wurde sehr alt. Er starb, wie er gelebt hatte, als ein heiliger Mann. Die aus Berg verehren ihn bis auf den heutigen Tag.“

Quelle: gdg-heimbach-nideggen.de