Sage vom Huftritt auf der Hohen Weng

(Sage des Monats August 2020)

Gegenüber von der früheren Eisenbahnstation „Reichentaler Straße“ erhebt sich zwischen den Banngrenzen von Hilpertsau und Weisenbach die „Hohe Weng“, eine Steilwand, über deren felsigen Grund ein alter Saumpfad führt. Über die „Hohe Weng“ (Hohe Wand) verlief vor vielen Jahren der einzig gangbare Weg ins hintere Tal. Drunten in der Murg schwammen polternd die Flöße mit Holländerholz und Schnittwaren flussabwärts.

An der höchsten Stelle des Saumpfades schiebt sich ein kahler Felsblock, dem Wanderer in den Weg. Auf ihm ist deutlich der Abdruck eines Pferdehufes zu erkennen. Ein Teil der Natur, wie es sich mehrfach im Murgtal findet? Davon weiß die Sage allerdings etwas anderes zu berichten.

An dem herrlichen Sommertag war's. Der Talwind fächelte Kühlung zu und im „Grünen Baum“ in Weisenbach saßen Holzhauer, Floßknechte und Säger aus der Hinnmühle am runden Ofentisch. Man redete von den Zeiten, vom Holzmarkt, der flott liefe, und davon, dass die Gulden denn noch nicht so dick unter dem Volke rollen würden, als es jeder gerne hätte. Der Hilpertsauer Köhlermax war gerade dabei, über die schlechte Verteilung des Reichtums zu schimpfen, als plötzlich die Stubentüre aufging und ein Fremder hereintrat.

Er fragte nach einer guten Stube, in der er übernachten könne. Kosten dürfe es, was es wolle. Der Wirt scharwänzelte um den reichen Gast, als wenn's der Graf vom Schlosse selber wäre. Sofort wurde das umfangreiche Gepäck des Fremden nach oben geschafft, während sich dieser zu den Stammgästen gesellte. Ein großes Abendessen sollte den Fremdling für den langen Ritt entschädigen. Nach der Mahlzeit bestellte er mehrere Kannen Wein und lud alle anwesenden Gäste ein. Erst als der neue Tag aufhellte, wankten die guten Weisenbacher, schief geladen, nach Hause.

Tags darauf war die Ankunft des reichen Mannes im Orte bekannt. Am Abend gingen die Mannsleut' zum „Grünen Baum“ in der Hoffnung, auch eingeladen zu werden. Und sie hatten sich nicht getäuscht. Wieder gab's Wein in Hülle und Fülle, und der Fremde bezahlte alles. So begann ein tolles Leben, Karten- und Würfelspielen wurde gefrönt und natürlich spielte auch der Fremde mit - und gewann. Mit höhnenden Worten wusste er dabei des Taglöhners letzten Kreuzer herauszulocken.

Eine Woche, vielleicht auch zwei gingen so dahin. Jeden Abend bot sich das gleiche Bild, und mancher ging auch schon tagsüber in die gute Wirtsstube, um sich von dem Fremden freihalten zu lassen. Denn auch das Essen bezahlte der Fremde für jedermann. Doch dann verbreitete sich die Kunde, dass der Fremde niemand anders als der leibhaftige Teufel sei. Man solle nur einmal unter den Tisch schauen, dann könne man unschwer den Pferdefuß erkennen. Auch das Hinken am linken Fuße sei offensichtlich.

Die Weisenbacher Weibsleut' hatten es in jener Zeit gar wichtig, denn ihnen sagte die Wirtshaushockerei der Männer überhaupt nicht zu. Sie überlegten, wie man den Fremden aus dem Dorf jagen könne. Und eines Morgens umzingelten sie den „Grünen Baum“, bewaffnet mit Dreschflegeln, Sensen, Äxten und Prügeln, um den Unruhestifter gefangenzunehmen und dem Gernsbacher Vogtsgericht zu übergeben. Als dies der Fremde bemerkte, bat er um Gewährung einer kurzen Frist, in der er sich auf das Ross setzen und davonreiten wolle, was ihm auch gestattet wurde.

So sattelte er und ritt gemächlich zum Dorf hinaus, der „Hohen Weng“ zu, um nach Gernsbach zu reiten. Das halbe Dorf begleitete ihn ein Stück des Weges, aber nur um sich zu vergewissern, dass der Fremde auch wirklich den Weisenbacher Bann verlasse.

Oben auf der Weng verabschiedete sich der Fremde. Unterdessen zog ein Floß talabwärts, dem die meisten Weisenbacher nachschauten. Diesen Augenblick nutzte der Reiter, um den lieben Weisenbacher Bürgern eine Überraschung zu bieten. Er gab dem Ross die Sporen und gleichzeitig ertönte ein fürchterliches Donnern und Krachen. Feuer sprühte auf, so, als wäre die Hölle los. Die erschrockenen Weisenbacher verkrochen sich unter Hecken und Sträuchern, und als sie nach einer Weile um sich blickten, war der Fremde, mit dem sie lange gezecht hatten, verschwunden. Dafür war die Luft voller Schwefeldampf.

Einer der Anwesenden entdeckte in der Felswand den Abdruck eines Pferdehufes, an dem ein jeder den linken Fuß des Reiters erkennen konnte. Ein Taglöhner aus der Pulvermühle, der bei Sinnen geblieben war, hat deutlich den Abflug des Fremden gesehen und auch das Schwänzlein erblickt, das niemand anderem eigen ist als dem Teufel. Nun wussten sie's alle: Zu Weisenbach war der Teufel zu Gast gewesen, und die Bürger hatten wochenlang mit ihm gezecht.

Wer den Schaden hat, der braucht für den Spott nicht zu sorgen! So sagt man den Weisenbachern nach, dass sie heute noch die Schuld trügen, wenn der Teufel immer noch in der Hölle weilt. Sie hätten ihn ja fangen können…

Quelle: www.Weisenbach.de