Die Roggenmuhme in der Eifel

Wenn im Hochsommer die Mittagsschwüle über den reifenden Feldern lastet und kein Windhauch sich regt, geht auf den Äckern die Kornmuhme um. Dann segnet sie die Ähren, dass die Körner schwellen und zum Brot der Menschen werden. Wenn aber ein Bauer die notwendige Mittagsruhe nicht hält, so treibt sie ihren Schabernack mit ihm zur Strafe für seine Unvernunft; und wenn ein Kind einer Blume wegen das Korn zertritt, so scheucht sie es mit rauer Stimme und drohenden Gebärden auf. Zur Sommerzeit mahnt darum im Erftland die Mutter ihr Kind:

Lass steh’n die Blum’, geh’ nicht ins Korn,
die Roggenmuhme geht um da vorn.
Bald duckt sie sich nieder,
bald guckt sie wieder,
sie wird die Kinder fangen,
die nach den Blumen langen.

Quelle: M. Cremer: Was sich die Leute an der Erft erzählen. In: Erftbote 1951, Seite 77