Die Jufferfey und der Jäger

  Henßen, Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes, Nr. 63

Es war an einem Weihnachtstag, und die Dorfbewohner von Holzheim machten sich gerade auf, um dem feierlichen Hochamt in der Kirche beizuwohnen. Nur ein Jägersmann hatte anderes vor: Er machte sich auf, um im Wald zwischen Harzheim und Holzheim zu jagen.

Als er so durch den Wald streifte, entdeckte er plötzlich in der Nähe einen Hasen. Flugs ergriff er seine Büchse. Der Hase blieb still sitzen und blickte dem Weidmann fest in die Augen. Zweimal schoss der Jäger auf ihn, doch es war wie verhext: Er traf ihn nicht. Ärgerlich legte er gerade die Flinte zum dritten Mal an, als er hinter sich eine Stimme hörte, die eindringlich warnte: „Nicht schießen, nicht schießen!“

Verdutzt blickte sich der Jägersmann um, erblickte aber niemanden. Da wurde ihm gar gruselig zu Mute, und die Jagdlust war ihm für diesen Tag vergangen. Eilig kehrte er nach Hause zurück. Als er an der Holzheimer Kirche vorbeikam, erklangen gerade die Altarglöckchen zur Wandlung. Sie trafen ihn mitten ins Herz.

Demütig kniete er nieder und bat Gott um Vergebung seiner Sünden. Da hörte er eine leise Stimme, die ihm zuraunte: „Es war dein Tausendglück, dass du nicht mehr geschossen hast. Denn ansonsten hättest du jagen müssen auf ewig und drei Tage.“

Niemals mehr ist der Jäger sonntags auf die Jagd gegangen.

Quelle: www.sophie-lange.de