Die Heinzelmännchen und die Jungfrauen

Zwischen Strepps Mühle und dem Dorfe Untermaubach erheben sich auf der linken Talwand die schönen Felsengesteine der Hochkoppel. In dem sog. „Henzensloche“ (auch „Henzenskeller“) des Felsens war der Eingang zu den Wohnungen der Heinzelmännchen, die sich in dem nach dem Langenbroicher Bergwerk führenden unterirdischen Gange aufhielten. Abends erschienen sie oft an den Haustüren zu Bilstein, besonders in einem Hause, und entliehen Koch- und Eßgeschirre, die sie zu ihren Mahlzeiten benutzten. Morgens lagen die Geschirre blitzblank gescheuert wieder an ihrer Stelle.

Jede Nacht um zwölf Uhr kamen zwei Jungfrauen in rauschenden Seidengewändern aus dem Loche hervor und führten zwischen sich einen Ochsen, der einen Schlüsselbund in den Hörnern trug. Mit den Schlüsseln öffneten sie die unterirdischen Gemächer des Berges, die mit Gold und Edelstein gefüllt waren. Sie zählten die reichen Schätze, während dessen wartete der Ochs draußen. Dies dauerte bis ein Uhr, dann war alles verschwunden.

In einer Nacht kamen zwei Maubacher an der Hochkoppel vorbei und sahen die drei Gestalten. In angeheitertem Zustande erkühnten sie sich, mit lästernden Worten sich den Jungfrauen zu nähern, ja, sie versuchten sogar, sie zu berühren. Doch da nahm der Ochs sie auf die Hörner und warf sie beide in die daneben fließende Rur. Nur mit Not retteten sie sich aus dem Bade.

Quelle: Heinrich Hoffmann, „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“ Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet, 1911; eifelon.de