Die hartherzige Juffer

Einst lag ein reicher Bauernhof zwischen Nideggen und Boich, dieser gehörte einer geizigen Juffer. In den Zeiten des schlimmsten Hungers ging es ihr immer noch recht gut, andere Höfe in der Gegend litten Not und darbten so dahin.

Der geizigen Juffer begegnete in der trübseligen Zeit eine Junge Frau, dieser Ärmsten sah man die Not aus den Augen. Auf dem Rücken gebunden trug sie ein kleines Kind, es war nackt, fror und wimmerte vor Hunger.

Die arme Frau bat die Bäuerin, des reichen Hofes, um ein Schlückchen Milch für ihr hungriges Kind. Die Juffer entgegnete herzlos: „Wer hat heutzutage Milch zu verschenken!“ „Erbarmt Euch“, flehte die arme Frau, „ein Schlückchen nur“ und hob bittend die Hände. „Scher dich, elendes Bettelpack“, schimpfte die Juffer, „sonst hetze ich die Hunde auf dich!“

Die arme Frau schreckte zurück, als hätte sie einer geschlagen. „Bettelpack sagt Ihr, nur weil ich um ein Schlückchen Milch für mein Kind gebeten habe? Die Hunde wollt Ihr auf mich hetzen? Möge Gott es Euch mit Feuer lohnen“, schrie die arme Frau und ging weinend davon. Die Juffer sah ihr nach und lachte: „Was geht das dem Herrgott an!“ Stolzen Schrittes eilte sie ihrem Hofe zu.

Auf einmal weiteten sich erschreckt ihre Augen. Stieg da nicht Rauch aus ihrer Kammer? Und züngelten nicht Flammen auf dem First ihres Hauses? So schnell ihre Beine es zuließen, rannte sie, stürmte ins Haus, jagte die Treppe zur Kammer hinauf. Hier raffte sie, alles was zu raffen war: Geld, Ketten, Ringe und all die schönen Kleider und noch dieses und jenes. Indessen fraßen die Flammen am trockenen Gebälk. Als die Juffer endlich aus der Haustüre wollte, stürzte ein großer brennender Balken auf sie herab, erschlug sie und ihr Körper verbrannte.

Seither wandert ruhelos ihre Seele an der Stelle, wo der Hof einst gestanden hat. Viele haben sie nachts als Geist gesehen, sie schleppt einen schweren Korb am Arm.

Quelle: Angelehnt nach einer Erzählung vom Autor Paul Weitershagen; www.heimat-geschichtsverein-nideggen.de