Der Schwarzkünstler von Hausen

Der Freiherr von Kolf auf der Burg zu Hausen hatte einen Jäger in seinem Dienste, von dem man sagte, er könne etwas mehr als Brot essen. Die „Kunst“ soll er vom Teufel haben. Man erzählte sich nämlich, er habe in einer bestimmten Nacht sich auf der Eisenstraße auf einem Kreuzwege von 12 bis 1 Uhr aufgestellt und habe vom Teufel Farnsamen erhalten. Nur der Kühne kann die damit verbundenen Schwierigkeiten auf sich nehmen. Zuerst kam ein mit sechs Pferden bespannter Wagen im Sturmschritt auf ihn heran. Dann erschienen andere Schreckgestalten, die ihn von dem Platze, den er nicht verlassen darf, abzubringen suchten. Zuletzt erschien der Teufel selber und händigte ihm den Farnsamen aus. Gar mancherlei erzählt man sich von dem Schwarzkünstler. Er schoss z. B. in den Kamin hinein und nannte eine beliebige Stelle im Felde oder Walde, auf der man dann einen frisch erlegten Hasen holen konnte.

Einmal hatte der Herr von Kolf mit ihm Streit, und man nahm ihn nicht mehr wie bisher mit auf die Jagd. Von dem Tage an war aber das Jagdglück des Herrn dahin. Manchmal schoss er einen Hasen, dass die Haare davon flogen, aber das Tier ließ sich in den Schwanz sehen und rannte davon. Der Herr war froh, dass er den Jäger wieder mitnahm.

Ebenso machte er es einem Förster aus Hasenfeld, namens Veller, der wegen seiner kleinen Gestalt „Vellerchen“ genannt wurde. Der Schwarzkünstler liebte es, im königlichen Forste zu wildern. Der Förster konnte lange ihm nicht beikommen, weil der Wilderer sich jedes Mal in einen Strauch verwandelte. Endlich erwischte der Förster ihn doch, und der Wilderer wurde bestraft. Aber seit der Zeit war das Jagdglück des Försters vorbei. Er konnte nichts mehr „tot kriegen“. Um einen Versuch zu machen, wie weit es mit seinem Können gestellt sei, schoss er auf seine eigene Ziege. Die Kugel traf, dass die Haare davonflogen und das Tier einen Schrei ausstieß, aber die Ziege blieb unbeschädigt.

In seinem Kummer bat er den Wilderer, ihm doch wieder zu seinem Jagdglück zu verhelfen. Erst von der Zeit an traf er das Wild wieder tödlich. Das Wildern konnte der Schwarzkünstler nicht lassen, weil es ihm auf die bekannte Weise gelang, den Verfolgungen zu entgehen. Eines Tages aber, als er wieder in fremdes Jagdgehege gekommen war, ertappte ihn wieder ein Förster auf frischer Tat. Erzürnt nahm ihm der Förster das Jagdgewehr ab und brachte es nach Heimbach.

Der Schwarzkünstler rächte sich dafür. Zu Hause nahm er einen Kittel, hing ihn an der Haustüre auf und peitschte den Kittel weidlich durch, so dass der abwesende Förster von Heimbach tanzen musste; denn jeder Schlag, der auf das Kleidungsstück losfuhr, traf den in der Ferne weilenden Förster. Dieser sah sich deshalb genötigt, dem Wilderer am anderen Tage das Gewehr zurückzubringen.

Der Herr von Kolf hatte den Schwarzkünstler schon längst entlassen, weil er sich vor ihm fürchtete. Er sollte eines Tages wegen seiner Zaubereien auf der Laach bei Heimbach erschossen werden. Der Graf von Heimbach wohnte nebst vielem Volke dem Schauspiele bei. Auf ein gegebenes Zeichen des Grafen feuerte man ab, aber alle Kugeln blieben zum Staunen der Anwesenden an dem Rocke des Zauberers hangen, ohne ihn im Geringsten zu verletzen; denn er war kugelsicher. Der Zauberer nahm die Kugeln von seinem Rocke und warf sie lächelnd dem Grafen hin mit den Worten: „Da, nehmen Sie die Kugeln, Ew. Gnaden, und lassen Sie noch einmal laden.“

Sage des Monats Juni 2021

Quelle: Heinrich Hoffmann „Zur Volkskunde im Jülicher Land - Sagen aus dem Rurtal“; eifelon.de