Der Jungfernsprung bei Gösting

Nahe der Burgruine Gösting fällt der Felsen steil in das Murtal. Dieser Felsen wird „Jungfernsprung„ genannt. Wulfing von Gösting war der letzte Besitzer der Burg aus dem gleichnamigen Geschlecht. Er hatte zwei Töchter. Katharina war mit dem Ritter Otto von Thal vermählt, während sich um die Hand von Anna zwei tapfere Ritter bemühten. Vater Wulfing setzte sich für den reicheren Ritter ein, während Anna den anderen, der Heinrich hieß, liebte.

In einem Zweikampf sollte entschieden werden, wer die schöne Anna zur Frau bekommt. Der Kampf fand auf dem Turnierplatz der Burg, der noch heute Lindgarten heißt, statt. Hart schlugen beide Ritter aufeinander ein, doch plötzlich wurde Heinrich vom Schwert des Gegners getroffen und mit gespaltenem Kopf stürzte er zu Boden. Anna sah das Unglück vom Söller der Burg aus. Entsetzt lief sie aus der Burg hin zum Felsabsprung und sprang in die Tiefe.

Anna wurde von der Mur an das Ufer geschwemmt, wo sie von Bauern gefunden und in die Burg getragen wurde. Als Wulfing von Gösting seine tote Tochter sah, brach er ebenfalls tot zu Boden, womit das Geschlecht der Göstinger ausgestorben war.

Der Felsvorsprung wird seither „Jungfernsprung“ genannt. Die Burgkapelle wurde später der heiligen Anna geweiht. 400 Jahre lang stand eine Steinsäule, das „Annakreuz„, auf der Felsspitze des Jungfernsprunges und erinnerte an die unglücklichen Vorkommnisse an diesem Platz. Aus dem Felsen sprossen schöne Aurikeln, die vom Herzblut der Anna gedüngt worden waren.

Um Mitternacht soll noch immer eine weiße Frauengestalt auf dem Felsen zu sehen sein. Sie neigt sich drei Mal in die Tiefe und verschwindet dann händeringend in der Burgkapelle.

Quelle: Johann Schleich (Hg.), Der steirische Sagenschatz, Graz 1999, S. 388; www.sagen.at