Der Hexenversammlungsplatz zu Zerkall

  Heinrich Hoffmann "Sagen aus dem Rurtal"  

Im „Russester“ am Neuenhof, Kallerbend gegenüber, ist eine günstige Stelle für Jagdliebhaber, weil dort viel Wild anzutreffen ist. Die Stelle war sehr berüchtigt. Dieses konnte jedoch einen jungen Mann von Zerkann nicht abhalten, dort auf den Anstand (op de Lue) zu gehen. Eines Abends sah er da viel Wild zusammen. Wegen des eigentümlichen Gebahrens der Tiere traute er der Sache nicht recht und schoss nicht danach.

„Es war Dein Glück“, sagte sein Vater, dem er alles bei der Rückkehr erzählt hatte, „hättest Du geschossen, so wäre Dir das Gewehr in der Hand zersprungen.“ Am folgenden Abend lud der Vater ihm selbst das gewehr, fügte Gesegnetes der Ladung bei und sagte zu ihm: „Jetzt bist Du gesichert und kannst ruhig schießen, aber merke Dir, lass das Erlegte liegen und rühre es nicht an!“

Als er wieder an der alten Stelle stand, wurde er plötzlich durch das Spiel und Geschrei aufgeschreckt. Auf der Wiese sah er Hasen- und Kaninchenpaare und anderes Wild jauchzend und lärmend tanzen. Schnell legte er an und zielte auf ein schönes Hasenpaar. Kaum hallte der Schuss, da flog es wirbelnd im Kreise herum, und es erscholl ein Geschrei in der Luft, dass er aus lauter Angst nach Hause lief. Am anderen Morgen schritten zwei Weiber von Zerkall mit verbundenen Köpfen durch das Dorf. Sie waren die beiden Hasen gewesen, die verwundet und als Hexen entlarvt wurden.

Wenn man auch Katzen, unter deren Gestalt sich am meisten die Hexen verbergen, verwundete, dass Blut floss, so sah man am anderen Tag den erlittenen Schaden an den Weibern, die schon als Hexen galten oder sich erst als solche entpuppten.

Quelle: Heimatblätter (Beilage zur Dürener Zeitung) Nr. 26, Jg 13 vom 24.12.1936, Seite 60