„Der hellige Pötz“ von Drove

Die Sage von der „heiligen Quelle“ in Drove wurde mündlich über Generationen weitergegeben, bis sie 1911 niedergeschrieben und veröffentlicht wurde:

Oberhalb Drove ist eine starke Quelle, der „hellige Pötz“ genannt, dem der Heiligenbach entspringt und der schon nach kurzem Laufe bei Kreuzau in die Rur mündet. Von dem „hellige Pötz“ wussten die alten Leute sich früher viel zu erzählen. Nach der Angabe einiger soll in alter Zeit an seiner Stelle sich ein heidnischer Tempel befunden haben, der versunken sein soll. Sein Wasser soll heilig sein. Wer mit unreinen Händen, d. h. schuldbeladen Wasser aus ihm schöpfte, der solle in ihm umkommen.

Auch sagte man von ihm, er sei bodenlos. Man wollte einst seine Tiefe messen und band mehrere Stangen aneinander, man kam aber nicht auf den Grund. Ein alter Mann, der gerade hinzukam, sagte zu ihnen: „Lasset davon ab; denn es soll nicht gut sein, den ‚hellige Pötz’ zu messen.“

Weiter hieß es, es ruhe ein großer Schatz in ihm, der nur lautlos gehoben werden könne. Einige Schatzgräber unternahmen das schwierige Werk. Unter großer Mühe hatten sie schon die schwere Kiste bis über dem Wasser, als ein Teilnehmer seiner Freude darüber Ausdruck gab und sprach: „Nun haben wir es gezwungen.“ Sofort fiel die Kiste in die Tiefe und verschwand für immer.

Endlich sagt man vom „hellige Pötz“, dass von ihm eine römische Wasserleitung nach Soller führe, das noch heute sein Wasser aus dieser Quelle beziehe. Die Drover wollen sogar die Richtung der Leitung in „Kulen“, das sind künstliche Erdvertiefungen, die in bestimmten Abständen sich vom „hellige Pötz“ bis nach Soller verfolgen lassen, erkennen. Das ist aber nur Sage. Keiner weiß Genaueres. Ein Drover Hirt aus alter Zeit kannte allein die Leitung. Er pflegte die Herde oft auf Soller Gebiet weiden zu lassen, weil dort fetteres Gras stand. Das verdross die Leute von Soller, und sie bedrohten ihn. Er störte sich aber nicht daran, weil er in der Zeit ein Mittagsschläfchen halten konnte. Da nahmen ihm die Soller eines Tages eine Kuh von der Herde weg und trieben sie in ihr Dorf. Als er erwachte, bemerkte er den Verlust.

Um sich zu rächen, verstopfte er die Leitung. Die Soller hatten nun kein Wasser mehr und gerieten in große Verlegenheit. Sie waren froh nachzugeben und die Kuh wieder der Herde zuzutreiben, damit der Hirt die Leitung wieder öffne. Seit der Zeit ließen die Soller den Hirten in Ruhe. Er nahm sein Geheimnis über die Leitung mit ins Grab.

Quelle: Heinrich Hoffmann, „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“ Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet, 1911; eifelon.de