Der gespenstische Jäger vom Weyerer Wald

In der Keldenicher Flur gibt es eine Stelle, die heißt „Auf dem Königsfeld“. Vor langer Zeit soll hier eine Burg gestanden haben, vielleicht war es ein Königshof, eine sogenannte Pfalz. Auf dieser hehren Feste lebte einst eine fromme Burgfrau, deren einziger Sohn ihr allerdings in keiner Weise nacheiferte; im Gegenteil, er kümmerte sich weder um Gott noch sein Gebot. Sein Herz war ausschließlich erfüllt vom Weidwerk in Gottes freier Natur. Wenn die Mutter wie alle tugendreinen Keldenicher sonntags die heilige Messe besuchte, lachte er nur spöttisch. Besessen von seiner Jagdleidenschaft ging er lieber auf die Pirsch als in die Kirche.

Eines Sonntags, als es in Keldenich gerade zum Hochamt läutete, nahm der Nimrod wieder das Gewehr von der Wand. Da wurde seine Mutter sehr traurig und klagte: „Ach, mein Sohn! Sonntag für Sonntag versündigst du dich, da du die heilige Messe versäumst.“ Als der Sohn nur wieder hämisch lachte, wurde sie ärgerlich und rief zornig: „Dann geh doch auf die Jagd, du missratener Nichtsnutz! Ich wünsche, dass du jagen mögest für immer und ewig.“

Nun hatten damals Wünsche und Flüche große Macht. Darum musste man sich dreimal überlegen, was man sich wünschte und wen man verfluchte. Und obwohl der Mutter ihre Worte sofort Leid taten, ging die Drohung in Erfüllung. Der Sohn kehrte am Abend nicht in die Burg zurück, und auch nicht am nächsten Tag und nicht am übernächsten und niemals mehr.

Die Burg auf dem Königsfeld ist längst untergegangen; keine Menschenseele weiß wann und wodurch. Doch der ewige Jäger geistert noch immer durch das Weyerer Waldgebiet. An den schroffen Felsen „boven zur Ley“, am Donnermaar, an den steinalten Hügelgräbern, im Urfeyer Paradies und im Keldenicher Königsfeldertal hat man ihn schon gesehen.

Quelle: H. Roggendorf: Mechernich. Alte Geschichten. 1929, Seite 123; www.sophie-lange.de