Der Gang nach dem Kalkofen

Kaiserin Kunigunde hatte einen Edelknaben, den sie wegen seiner Gottesgläubigkeit und Treue zu ihr besonders schätzte. Dieser folgte ihr auf Schritt und Tritt. Doch eines Tages ließ sich ihr sonst so treu sorgender Gatte von seinem üblen Kammerdiener davon überzeugen, dass Kunigunde ihn mit eben diesem Knaben betrüge.

Rasend vor Wut schickte Heinrich einen Boten zu seiner Gattin, der ihr auftrug, den Jüngling ohne Verzögerung zu dem fernen Kalkofen zu schicken, damit er dort nachfrage, ob Heinrichs Auftrag ausgeführt worden sei. Doch gleichzeitig ließ Heinrich auch den Knechten im Kalkofen den Befehl erteilen, den ersten, der diese Frage stelle, zu verbrennen.

Der Knabe machte sich, nachdem er Kunigunde um Erlaubnis gefragt hatte, sofort auf den Weg. Doch unterwegs kam er an einer Kapelle der heiligen Gertraud vorbei. Verbotenerweise besuchte der fromme Jüngling den Gottesdienst und eilte erst danach weiter zum Kalkofen.

Ahnungslos stellte er dort den Knechten die schlimme Frage. Daraufhin wurde der Jüngling von den grinsenden Knechten zum Ofen geführt, wo er zu seinem Entsetzen eine verkohlte Leiche sah. So schnell er konnte, entfloh der Knabe dem grausamen Ort und erstattete dem Kaiser Bericht.

Von schlimmen Vorahnungen getrieben, ließ der Kaiser daraufhin nachforschen. Schon bald zeigte sich, dass sein Kammerdiener, von der schlechten Angst getrieben, dass die Knechte den Befehl missverstanden hätten, selbst zum Kalkofen gegangen war. Dort hat er, während der fromme Jüngling den Gottesdienst besuchte, den gerechten Lohn für seine schreckliche Tat erhalten.

Quelle: www.apfelweibla.de