Das Finsterwalder Sängerlied

In einer Zeit, als unsere Väter noch Kinder waren, trug es sich zu, dass die fleißigen Finsterwalder Tuchmacher nun auch ihre wertvollen und bald in aller Welt begehrten Stoffe auf der Leipziger Messe anbieten durften. Der Weg dahin - denn die Eisenbahn war noch nicht erfunden - war beschwerlich und konnte nur mit dem Pferdefuhrwerk zurückgelegt werden.

Nun war es aber auch so, dass die Finsterwalder, wie früher weit verbreiteter Brauch, begeisterte Züchter von Kanarien- und anderen Singvögeln waren. Diese lustigen, possierlichen Unterhalter und fröhlichen Sänger dürften in ihren Käfigen mit auf die Reise nach Leipzig.

Ein wahres Konzert des Gezwitschers begleitete also unsere Finsterwalder Tuchmacher und als sie die Tore der Messestadt erreichten, sangen die Vögel besonders schön und kräftig. Die Leipziger Bürger begrüßten die fröhliche Schar, die sie in jedem Jahr mit größerer Freude erwarteten, als die Sänger von Finsterwalde.

So entstand der Ruf Finsterwaldes als Sängerstadt, wovon das Lied „Wir sind die Sänger von Finsterwalde“ kündet.1)

Quelle der Sage: Lausitzer Rundschau (die ursprüngliche Online-Quelle war im April 2024 nicht mehr verfügbar)


Wir sind die Sänger von Finsterwalde,
wir leb'n und sterben für den Gesang.
Dass wir die Sänger sind, das weiß ein jedes Kind,
wir leb'n und sterben für den Gesang.


Als unsere Väter noch Burschen waren,
da pflegten Sie schon das deutsche Lied.
Es sangen Tischler, und auch die Bäcker,
der Lehrer, Amtsrichter, Kaufmann, Schmied.


Die Weber fuhren zum Markt nach Leipzig,
Singvögel nahmen sie mit ins Land.
Das war'n die Sänger von Finsterwalde,
Sie wurden bald überall bekannt.

Quelle des Liedtextes: www.finsterwalde.de (die ursprüngliche Online-Quelle war im April 2024 nicht mehr verfügbar)


1)
Die früheste uns bekannte Überlieferung der Kanarienvogellegende stammt aus dem Jahre 1952. In der „Märkischen Volksstimme“ überlieferte sie Walter Kunzke, so wie sie sein Großvater erzählt hatte.