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Das Dreigroschenstück vom Bergmönch

Vor langer Zeit wohnte eine Witwe unten in Zellerfeld, die hieß L. und ging ins Land, kaufte dort Butter, Eier, Schinken, Flachs und dergleichen und verkaufte es hier wieder. Mit dem Handel ernährte sie sich und ihre Kinder.

Einmal, es war im Herbst, ging sie schon früh um drei Uhr mit der Laterne fort und wollte nach Münchehof. Kurz vor Grund kam ihr ein Wagen entgegen, darin saß ein Geschworener, denn er hatte solch Zeug angehabt und hielt ein großes flackerndes Unschlittlicht in der Hand. Die Frau bot ihm freundlich einen Guten Morgen. Der Geschworene dankte auch freundlich wieder und fragte, wohin sie so früh schon wolle. Sie sagte, nach Münchehof, sie müsse für ihre Kinder sorgen, ihr Mann wäre voriges Jahr in Stücken nach Hause gebracht worden. Nun müsse sie ihre sechs Kinder ernähren und da dürfe sie keinen Augenblick versäumen, müsse des Morgens früh und des Abends spät auf den Strümpfen sein, und keine Arbeit scheuen. Da griff der Geschworene in die Tasche, gab ihr ein Dreigroschenstück und sprach: »Kauft Euren Kindern dafür Brot.«

Die Frau bedankte sich und sagte Adieu, und der Geschworene fuhr weiter. Als es Tag wurde, besah sie das Geldstück, es war neu, blank und sah Schlägel und Eisen darauf, und ein merkwürdiges Wappen, wie ein Mönch. Sie hatte nichts Arges daraus, ging nach Münchehof, kaufte ein und gab auch das Dreigroschenstück mit aus. Danach ging sie wieder zurück. Unterwegs wurde sie hungrig und wünschte sich, hätte sie nur noch ein paar Pfennige, so würde sie sich dafür etwas Brot kaufen. Von ungefähr griff sie in die Tasche und fand ihr Dreigroschenstück darin, das ihr der Geschworene gegeben hatte. Sie freute sich darüber, hatte nichts Arges daraus, kaufte sich in Grund etwas Brot und Wurst und gab das Geld dafür hin, bekamt auch noch etwas davon zurück. Dazumal war noch alles sehr wohlfeil gewesen.

Als sie zu Hause ankam, musste sie Öl kaufen, griff in die Tasche und siehe, da hatte sie das neue Dreigroschenstück mit dem Schlägel und Eisen wieder in der Hand. Da fiel es ihr auf und sie wusste nicht, wie das zuging. Sie meinte, sie hatte es in Grund ausgegeben und doch war es wieder da. Endlich dachte sie, du kannst dich doch geirrt haben und gab es nun für Öl aus, bekam wieder etwas zurück. So ging es noch ein, zwei, drei und viermal, immer war das Dreigroschenstück wieder in ihrer Tasche. Da sie sich nun nicht daraus zu finden wusste, erzählte sie es ihrer Nachbarin und die meinte, das Geld hätte ihr wahrscheinlich der Bergmönch gegeben. Das sollte sie ja in Ehren halten, dadurch könnte sie aus aller Not kommen und sogar reich werden, denn solch ein Geschenk wäre selten.

»Nein«, sagt die Witwe. Wenn das wäre, so würde sie es um keinen Preis der Welt behalten, mit solcher Hexerei wolle sie nichts zu tun haben. Darauf hing sie ihren runden Mantel um, ging zu dem Mühlenteich und warf das Dreigroschenstück hinein.

Wer es haben will, kann es sich in dem Schlamm suchen, wird aber lange zu klauben haben.

Quelle: www.geisterspiegel.de; „Sagen und Märchen aus dem Oberharz“, gesammelt und herausgegeben von August Ey im Jahre 1862