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Gunst verscherzt

  Drebkau

Ein Fuhrmann, welcher regelmässig des Nachts mit seinem Gespann nach Hause zurückkehrte, wurde dabei von einem kleinen Mann so geführt, dass er niemals den rechten Weg verfehlte. So oft es nämlich dunkel wurde, stellte sich das Männchen bei ihm ein, setzte sich auf die Deichsel und leuchtete ihm. Wenn nun der Fuhrmann glücklich zu Hause angekommen war, gab er dem Männchen zum Dank eine kleine Gabe.

Der Fuhrmann wollte einmal versuchen, ob der kleine Mann ihm nicht ohne solche Gabe leuchten werde: bei der nächsten Gelegenheit gab er also demselben nichts. Da kam das Männchen mit seiner Leuchte nicht wieder, so dass der Mann schon am nächsten Abend sich mit seinem Gespann verirrte, ja als er in grosster Verlegenheit den Weg suchte, hörte er ganz in seiner Nähe ein spottisches Lachen. Als er hinsah, von wo das Lachen erscholl, bemerkte er den kleinen Mann. Dieser war durch kein Versprechen zu vermögen, ihm zu helfen. So hatte der Fuhrmann sich die Gunst des Männchens verscherzt.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880