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 ====== Der Käthelstein bei Annaberg ====== ====== Der Käthelstein bei Annaberg ======
  
-Im Dorf Frohnau bei Annaberg lebte vor alter Zeit ein Steiger, namens Günzer, ein frommer und redlicher Mann. Einst kehrte er zur Winterszeit von seinem Tagewerk in der Grube in seine Wohnung mitten durch den Wald zurück. Da trat plötzlich ein Mann aus dem Dickicht vor ihn hin und bat ihn, er möge ihm doch gestatten, mit in sein Haus zu gehen und dort die Nacht hinzubringen. Er getraue sich nicht, im tiefen Schnee und der herrschenden Finsternis den Weg weiter zu finden. Zwar gefiel dem Steiger weder die Stimme noch das Aussehen des Bittenden, allein er hatte Mitleid mit ihm und gewährte ihm also seinen Wunsch. Sie schritten nun stumm nebeneinander bis ins Dorf. Als sie aber an das Haus Günzers gekommen waren und ihnen die Tochter desselben, Katharina, die Tür geöffnet hatte, stieß diese beim Anblick des fremden Gastes ein furchtbares Wehgeschrei aus und ließ vor Schreck die Lampe fallen, welche sie in der Hand trug. Als der bekümmerte Vater dieselbe wieder angezündet und seine in Ohnmacht gefallene Toch ter wieder zum Leben gebracht hatte, sah er erst, dass jener verschwunden war. Er hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als seine Tochter zu fragen, warum sie so erschrocken sei. Allein diese antwortete, es sei der Teufel gewesen, der sie als Braut heimführen wolle. Sie habe nämlich vergangene Nacht geträumt, sie liege im Wald und es komme ein Mann, ganz so wie der eben verschwundene Fremde, auf sie zu und nenne sie seine Braut, küsse sie und lasse dann bei seinem Weggehen sich durch seine Hörner, Schwanz und Pferdefuß als den Teufel erkennen. Der alte Günzer war eben daran, sie zu trösten, da erblicke er auf dem Tisch ein Blatt Papier, auf welchem geschrieben stand: In neun Wochen werde ich um Mitternacht ans Fenster pochen und meine Braut heimführen! Nun war kein Zweifel mehr, dass der Traum in Erfüllung gegangen war.+Im Dorf [[geo:Frohnau]] bei [[geo:Annaberg]] lebte vor alter Zeit ein Steiger, namens Günzer, ein frommer und redlicher Mann. Einst kehrte er zur Winterszeit von seinem Tagewerk in der Grube in seine Wohnung mitten durch den Wald zurück. Da trat plötzlich ein Mann aus dem Dickicht vor ihn hin und bat ihn, er möge ihm doch gestatten, mit in sein Haus zu gehen und dort die Nacht hinzubringen. Er getraue sich nicht, im tiefen Schnee und der herrschenden Finsternis den Weg weiter zu finden. Zwar gefiel dem Steiger weder die Stimme noch das Aussehen des Bittenden, allein er hatte Mitleid mit ihm und gewährte ihm also seinen Wunsch. Sie schritten nun stumm nebeneinander bis ins Dorf. Als sie aber an das Haus Günzers gekommen waren und ihnen die Tochter desselben, Katharina, die Tür geöffnet hatte, stieß diese beim Anblick des fremden Gastes ein furchtbares Wehgeschrei aus und ließ vor Schreck die Lampe fallen, welche sie in der Hand trug. Als der bekümmerte Vater dieselbe wieder angezündet und seine in Ohnmacht gefallene Toch ter wieder zum Leben gebracht hatte, sah er erst, dass jener verschwunden war. Er hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als seine Tochter zu fragen, warum sie so erschrocken sei. Allein diese antwortete, es sei der Teufel gewesen, der sie als Braut heimführen wolle. Sie habe nämlich vergangene Nacht geträumt, sie liege im Wald und es komme ein Mann, ganz so wie der eben verschwundene Fremde, auf sie zu und nenne sie seine Braut, küsse sie und lasse dann bei seinem Weggehen sich durch seine Hörner, Schwanz und Pferdefuß als den [[wesen:Teufel]] erkennen. Der alte Günzer war eben daran, sie zu trösten, da erblicke er auf dem Tisch ein Blatt Papier, auf welchem geschrieben stand: In neun Wochen werde ich um Mitternacht ans Fenster pochen und meine Braut heimführen! Nun war kein Zweifel mehr, dass der Traum in Erfüllung gegangen war.
  
 Vater und Tochter verlebten denn die neun Wochen in Angst und Sorgen. Sie beteten zwar von früh bis abends, gingen auch zum Abendmahl, allein eine Stimme sagte ihnen, dass der Böse nicht so leicht von ihnen lassen werde. Und so war es auch. Vater und Tochter verlebten denn die neun Wochen in Angst und Sorgen. Sie beteten zwar von früh bis abends, gingen auch zum Abendmahl, allein eine Stimme sagte ihnen, dass der Böse nicht so leicht von ihnen lassen werde. Und so war es auch.
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 Da brüllte der Teufel: »Braut, das Haus steht in Flammen, nochmals neun Wochen Frist, und bist du dann noch nicht mein, so wird dein Vater elendig enden!« Mit diesen Worten verschwand er, das ganze Haus stand in Flammen. Nur mit der größten Mühe retteten beide ihr Leben. Da brüllte der Teufel: »Braut, das Haus steht in Flammen, nochmals neun Wochen Frist, und bist du dann noch nicht mein, so wird dein Vater elendig enden!« Mit diesen Worten verschwand er, das ganze Haus stand in Flammen. Nur mit der größten Mühe retteten beide ihr Leben.
  
-Sie flohen nun zuerst zu Verwandten, bald bauten ihnen mitleidige Menschen eine andere Hütte am Rand des Waldes, denn ihre frühere war zu einem stinkenden Schwefelpfuhl geworden. Aber auch hier wurde es nicht besser. Schon kam wieder die neunte Woche heran, da übermannte einst am hellen Tag Käthchen der Schlaf und es träumte ihr, der Teufel mit seinem Gefolge schaue zu ihrem Fenster herein und wolle sie in seine höllische Residenz entführen. Als sie unter einem furchtbaren Schrei aus dem Schlaf auffuhr, da tat sich auf einmal die Tür auf und ein Engel, umstrahlt von Rosenlicht, schwebte herein, ein Kruzifix hoch in der Hand tragend, winkte ihr und sprach: »Folge mir, ich bringe dir Frieden!«+Sie flohen nun zuerst zu Verwandten, bald bauten ihnen mitleidige Menschen eine andere Hütte am Rand des Waldes, denn ihre frühere war zu einem stinkenden Schwefelpfuhl geworden. Aber auch hier wurde es nicht besser. Schon kam wieder die neunte Woche heran, da übermannte einst am hellen Tag Käthchen der Schlaf und es träumte ihr, der Teufel mit seinem Gefolge schaue zu ihrem Fenster herein und wolle sie in seine höllische Residenz entführen. Als sie unter einem furchtbaren Schrei aus dem Schlaf auffuhr, da tat sich auf einmal die Tür auf und ein [[wesen:Engel]], umstrahlt von Rosenlicht, schwebte herein, ein Kruzifix hoch in der Hand tragend, winkte ihr und sprach: »Folge mir, ich bringe dir Frieden!«
  
-Er führte sie nun mitten durch den Wald auf einem ihr gänzlich unbekannten Weg, bis sie an einen Felsen kamen. Der öffnete sich, als der Engel ihn mit dem Kreuz berührte. Nun schritten sie durch eine Felsenspalte, bis sie ein hohes Tor erreichten, das wie Silber glänzte. Vor diesem saßen sieben Greise mit spitzen Mützen und langen Bärten. Als diese aber das Kruzifix erblickten, da neigten sie sich tief. Das Knäblein und die Jungfrau traten in einen hohen Saal, der mit lauter Edelsteinen verziert war und durch deren Glanz sein Licht empfing. In diesem lag auf kostbarem Lager unter einem prächtigen Baldachin eine wunderschöne Frau, umstrahlt von einem Sternenkranz. Zu ihren Füßen lagen sieben Zwerge betend auf den Knien. Als diese den Engel erblickte, fragte sie, was ihn herführe. Dieser aber erzählte ihr die furchtbare Gefahr des unglücklichen Mädchens und bat sie um Hilfe. Hierauf gebot die Fürstin der Berge, denn das war sie, einem Zwerg, ihr eine Urne von Sardonyx aus einem Kristallschränkchen zu bringen, nahm daraus ein Kreuz von blitzenden Diamanten und sprach: »Käthchen, trage dieses Kreuz stets auf deiner Brust, und der Böse wird dir nichts anhaben können.«+Er führte sie nun mitten durch den Wald auf einem ihr gänzlich unbekannten Weg, bis sie an einen Felsen kamen. Der öffnete sich, als der Engel ihn mit dem Kreuz berührte. Nun schritten sie durch eine Felsenspalte, bis sie ein hohes Tor erreichten, das wie Silber glänzte. Vor diesem saßen sieben Greise mit spitzen Mützen und langen Bärten. Als diese aber das Kruzifix erblickten, da neigten sie sich tief. Das Knäblein und die Jungfrau traten in einen hohen Saal, der mit lauter Edelsteinen verziert war und durch deren Glanz sein Licht empfing. In diesem lag auf kostbarem Lager unter einem prächtigen Baldachin eine wunderschöne Frau, umstrahlt von einem Sternenkranz. Zu ihren Füßen lagen sieben [[wesen:zwerg|Zwerge]] betend auf den Knien. Als diese den Engel erblickte, fragte sie, was ihn herführe. Dieser aber erzählte ihr die furchtbare Gefahr des unglücklichen Mädchens und bat sie um Hilfe. Hierauf gebot die Fürstin der Berge, denn das war sie, einem Zwerg, ihr eine Urne von Sardonyx aus einem Kristallschränkchen zu bringen, nahm daraus ein Kreuz von blitzenden Diamanten und sprach: »Käthchen, trage dieses Kreuz stets auf deiner Brust, und der Böse wird dir nichts anhaben können.«
  
 Bei diesen Worten nahm der Zwerg eine Schnur Perlen aus der Urne, knüpfte daran das Kreuz und hing es ihr um den Nacken. Damit nahm er Käthchen wieder bei der Hand und führte sie denselben Weg zurück, den sie gekommen waren. Als er den Felsen wieder mithilfe des Kruzifixes öffnete, da nahm er Abschied von ihr und sprach, sie solle ruhig sein, denn sie stehe in Gottes Schutz. Als Käthchen nach Hause kam, fand sie ihren Vater daheim und erzählte ihm, was ihr begegnet war, zeigte auch das Kreuz als Beweis der Wahrheit ihrer Erzählung. Da erwiderte ihr derselbe, dass auch ihm etwas Ähnliches widerfahren sei, denn er habe im Schacht beim Graben ein goldenes Jesuskreuz gefunden. Als sie es näher betrachteten, um vielleicht ein Merkmal zu finden, an welchem sie den rechten Besitzer erkennen könnten, sahen sie den Namen des Steigers darauf eingeschnitten mit den Worten Dem Gläubigen hilft Jesus Christus. Bei diesen Worten nahm der Zwerg eine Schnur Perlen aus der Urne, knüpfte daran das Kreuz und hing es ihr um den Nacken. Damit nahm er Käthchen wieder bei der Hand und führte sie denselben Weg zurück, den sie gekommen waren. Als er den Felsen wieder mithilfe des Kruzifixes öffnete, da nahm er Abschied von ihr und sprach, sie solle ruhig sein, denn sie stehe in Gottes Schutz. Als Käthchen nach Hause kam, fand sie ihren Vater daheim und erzählte ihm, was ihr begegnet war, zeigte auch das Kreuz als Beweis der Wahrheit ihrer Erzählung. Da erwiderte ihr derselbe, dass auch ihm etwas Ähnliches widerfahren sei, denn er habe im Schacht beim Graben ein goldenes Jesuskreuz gefunden. Als sie es näher betrachteten, um vielleicht ein Merkmal zu finden, an welchem sie den rechten Besitzer erkennen könnten, sahen sie den Namen des Steigers darauf eingeschnitten mit den Worten Dem Gläubigen hilft Jesus Christus.
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 //Quelle: [[autor:wrubel|Friedrich Wrubel]], [[buch:bergmaennischesagen|Sammlung bergmännischer Sagen]], 1883// //Quelle: [[autor:wrubel|Friedrich Wrubel]], [[buch:bergmaennischesagen|Sammlung bergmännischer Sagen]], 1883//
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