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Die Mordgrube zu Freiberg

Als um die Mitte des l4. Jahrhunderts das Bergwerk zu Freiberg im höchsten Flor war, trug es sich zu, da an Feiertagen gewöhnlich Zusammenkünfte und Tänze in der Nähe von Zechenhäusern abgehalten wurden, dass auch auf einer sehr berühmten Zeche zwischen Berthelsdorf und Erbisdorf ein solcher öffentlicher Reihentanz stattfand. Da ging gerade ein katholischer Priester mit der Monstranz vorüber, um einen Sterbenden zu versehen. Der Küster gab das übliche Zeichen mit seinem Glöcklein, allein keiner der Tanzenden oder Zuschauer achtete darauf, mit Ausnahme des Fiedlers, der zum Tanz aufspielte. Er ließ sich auf die Knie nieder, um dem heiligen Sakrament seine Ehrfurcht zu bezeugen. Da tat sich alsbald die Erde auf und verschlang die ganze anwesende Gesellschaft. Nur der fromme Fiedler blieb am Leben, der sich auf einem kleinen Hügel solange hielt, bis man ihm zu Hilfe kam. Dann versank aber auch der Hügel, sodass man weder Tänzer noch Tänzerinnen je wiedersah.

Seit dieser Zeit hat sich auch an diesem Orten niemals mehr ein nützlicher Bau vornehmen lassen. Man hat auch weder die Versunkenen noch den Schmuck und das Geschmeide, das sie an sich und bei sich gehabt hatten, retten können, denn ob man wohl oft räumte und sich viel Mühe gab, so stürzte doch das, was man den Tag über bewältigt, des Nachts wieder zusammen. Die Zeche behielt den Namen Mordgrube.

Vor Zeiten ist die ganze Geschichte in der Kirche zu Erbisdorf gemalt gewesen, und im Jahr 1490 hat man an der Stelle jenes Ereignisses noch ein gewaltiges rundes Loch, so groß wie der halbe Markt zu Freiberg, sehen können.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883