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Der Stollen bei Blankenburg

Vormals waren bei Blankenburg zwei gräfliche Mühlen, die eine am Blässengehege, die Untermühle, und die andere da, wo der kleine Schot an den großen stößt, die Obermühle genannt. Zwei Brüder hatten diese Mühlen in Pacht. Der Jüngere, weil seine Mühle der Stadt näher lag, hatte oft Mahlgäste, wenn sein Bruder in der Obermühle keine hatte. Da wurde der Brotneid rege, und das Wasser im Teich an der Obermühle wurde der Untermühle vorenthalten. Darum ging einst der Untermüller mit einer Hacke hinauf, den Wasserlauf stärker zu machen. Da sich sein Bruder dem widersetzte, so kam es von Worten zu Tätlichkeiten. Der jüngere Bruder schlug mit der Hacke den älteren auf den Kopf, sodass er tot zur Erde fiel. Der Mörder wurde ins Gefängnis geführt, wo er einen Bergmann antraf, welcher gleichfalls das Leben verwirkt hatte. Beide sannen auf Rettungsmittel. Endlich machten sie den Vorschlag, dass sie die Stadt Blankenburg vom Wassermangel, welchen dieselbe bei einem schlecht angelegten Stollen im Tiergarten noch immer empfand, befreien wollten, wenn ihnen das Leben geschenkt würde. Sie trieben hierauf im Tiergarten einen Stollen am rechten Ort, die Stadt bekam Wasser, und die Übeltäter wurden begnadigt.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883