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Steiger Calvör

In einer Grube auf dem Andreasberg wurde das Rotgülden gegraben, das war so kostbar, dass die Bergleute, die aus dem Schacht kamen, am ganzen Körper untersucht wurden. Dort kamen nun in einer gewissen Zeit sehr viele Bergleute zu Tode, die des Nachts arbeiteten. Einst nahmen sich zwei Kameraden vor, die Ursache dieser Todesfälle zu untersuchen. Da kam um die Mitternachtsstunde ein furchtbares Brüllen und Getöse, und es näherte sich ein unbändiger Ochse. Als aber die biederen Hauer diesen mit dem Bohrfäustel und mit dem Zweimenschenbohrer angriffen und ihm gehörig das Fell bearbeiteten, verstummte das Gebrüll, und bald darauf bat es mit menschlicher Stimme aus der Ochsenhaut heraus ums Leben. Die Bergleute rissen nun die Ochsenhaut herunter und brachten den Steiger der Grube, mit Namen Calvör, zum Vorschein. Dieser bot ihnen viel Geld, wenn sie schweigen wollten, denn er hatte die Ochsenhaut, die er im Schacht verborgen hielt, dazu benutzt, um die Bergleute zu erschrecken und dann zu töten, und so ungehindert das gewonnene Rotgülden aus dem Schacht bringen zu können. Die Bergleute aber wollten sein Geld nicht und zeigten ihn an. Aber als er festgenommen werden sollte, hatte er sich in den Schacht gestürzt. Dort hat er noch lange nachher gespukt und ist überall den Bergleuten im Wege gewesen.

Diese sagten dann: »Da ist wieder der lange Calvör mit seiner Ochsenhaut.«

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883