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Nach der Beichte

Ein Bergmann ging an einem Sonnabend zur Beichte, um am darauffolgenden Sonntag zum Abendmahl zu gehen. Nun ist es alter Brauch, dass nach der Beichte niemand mehr arbeite, sondern all seine Gedanken auf das fromme Vorhaben richte. Der Bergmann aber wollte sein bisschen Lohn nicht einbüßen und fuhr nach der Beichte dennoch wieder vor Ort. Aber kaum war er in der Grube, als der Schacht einstürzte und alle Spur von ihm verschwand. Erst nach hundert Jahren, da andere Bergleute dort einschlugen und ein Bergwerk bauten, fanden sie in einem Gang einen Bergmann, der hatte einen großen, langen Bart und schien zu schlafen. Da sie um ihn redeten, erwachte er und fragte gleich: »Hat es schon zusammengeschlagen? Ich muss zum Nachtmahl gehen.«

Da sprachen die anderen: »Es ist heute kein Sonntag und deshalb auch kein Gottesdienst, es ist Werkeltag.«

»Doch«, sprach er, »nächten bin ich zur Beichte gewesen und heint muss ich zum Abendmahl gehen.«

Da geleiteten sie ihn aus der Grube und zu der Kirche und holten den Pfarrer, der gab ihm das heilige Abendmahl. Wie er es empfangen hatte, stürzte er zusammen und war ein Häufchen Asche.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883