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Sage des Monats März 2023

Das Männchen in der Grube zu Johanngeorgenstadt

Am 7. August des Jahres 1719 arbeitete in dem Bergwerke „Zur treuen Freundschaft„ vor Ort der Häuer Johann Christoph Schlott, und da man zu Mittag auspocht, hört er gegen den Schacht noch jemanden husten, meint daher, es werde der Steiger vor Ort fahren, solches in Augenschein zu nehmen. Nachdem sich aber gleichwohl niemand einstellt, will er auch ausfahren, und als er sich kaum umgewendet, nimmt er wahr, wie ihm jemand vom Schachte her mit brennendem Grubenlichte entgegenkommt, welches Schlotten in seinem vorigen Wahne, daß es der Steiger sei, bestärkt. Doch da sie endlich beide auf der Strecke zusammenstoßen, nimmt jener wahr, daß es ein sehr kleiner Mann in einem braunen Kittel ist, der eben, indem er an Schlotten vorbeifährt, sein Grubenlicht ans Gestein hängt, das auch alsogleich hängen bleibt, und auch seine Tasche ablegt und fragt: „Ist schon Schicht?“ Denn die Bergleute fuhren an diesem Tage wegen der Beerdigung des Hammerwerksbesitzers Fischer eine Stunde früher aus. Über solche Anrede überfällt Schlotten ein Schauer, er eilt davon, trifft aber keinen Arbeiter mehr in der Grube an. Er erzählt darauf diese Begebenheit dem Steiger, der zwar anfangs Schlotten auslacht, sich aber endlich doch den Ort zeigen läßt, woran das Männchen sein Grubenlicht gehangen. Weil man nun daselbst ein Klüftlein wahrnimmt, wird ein Schuß gebohrt, welcher eine reiche Erzader bloßlegt.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, Seite 78-79