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Der Berggeist erscheint in der Gestalt des Steigers I

Ein Schlepper hatte sich während der Schicht in eine abgelegene Strecke gesetzt, um hier ungestört ausruhen zu können, und war eingeschlafen. Als er erwachte, brannte sein Grubenlicht nicht mehr, und er wusste nicht, wie er zum Schacht kommen sollte; denn aus der rings um ihn herrschenden Totenstille merkte er, dass alle Bergleute die Schicht beendet hatten und bereits zutage gefahren waren. Da sah er von fern ein Licht auf sich zukommen und erkannte bald seinen Steiger, der sich ihm näherte, ihm Öl und Feuer von seiner Lampe gab1) und ihn zum Schachte führte. Dort sagte er ihm, er solle in der Zechenstube beim Aufschreiben drei Schichten anstatt der einen als verfahren angeben.

Der Schlepper war aber nicht eine Schicht, sondern Tage lang unten in seinem Versteck gewesen. Man war daher sehr überrascht, ihn auf einmal wieder in der Zechenstube erscheinen zu sehen, da man ihn schon allgemein für tot hielt. Er schritt aber ruhig auf den Steiger zu und gab drei Schichten an.

Der Steiger fragte: »Wann hast du denn die drei Schichten verfahren?«

Und der Schlepper antwortete: »Sie haben mir ja vorhin selbst gesagt, nachdem sie mir Feuer für meine Lampe gegeben und mich zum Schacht geführt hatten, ich sollte 3 Schichten für mich angeben.«

Der Steiger schwieg und schrieb die 3 Schichten, denn er merkte, dass der Berggeist unter seiner Gestalt den Knaben gerettet hatte.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883;


1)
Vgl. II , 9. 10. 14. 16. 18. 21.