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Der Bergmönch in der "Samsel" bei Andreasberg

In den Bergwerken um Clausthal und Andreasberg hat sich sonst ein Geist sehen lassen, den man den Bergmönch geheißen. Er hat sich wie ein Mönch getragen, ist aber von riesiger Größe gewesen und hat stets ein großes Inseltlicht (Unschlittlicht) in der Hand gehabt, das nie verlosch.

Wenn die Bergleute des Morgens eingefahren sind, hat er mit seinem Licht über dem Fahrloch gestanden und sie unter sich durchfahren lassen. Aber auch in den Schächten ist er ihnen oft begegnet, und zwar ist er da wie ein Geschworener einhergefahren.

Bei Andreasberg war nun einmal ein Bergmann, der arbeitete in der Samsel (»Samson«), dem größten Schacht daselbst. Es ging ihm aber schlecht und er wusste nicht, wie er seine Frau und Kinder ernähren sollte. Da hatte er denn schon oft an den Bergmönch gedacht. Wie er denn eines Morgens wieder einfahren will, sagte er zu seiner Frau: »Wollte Gott, es begegnete mir heute der Bergmönch, ich wollte ihm so recht mein ganzes Leid klagen, er würde mir vielleicht helfen!«

Die Frau will ihm das zwar ausreden, aber er bleibt dabei, und in dem Gedanken geht er fort. Als er nun an den Schacht kommt und einfahren will, steht der Bergmönch da und tritt heran und drückt ihm Inselt auf seine Lampe. Dann winkt er ihm anzufahren. Der Bergmann will ihn zwar ansprechen, aber der Bergmönch winkt ihm nochmals, ruhig an seine Arbeit zu gehen, und da gehorcht er. Als er am Abend ausfährt, da tritt der Bergmönch wieder an ihn heran und drückt ihm einen Knorpel in die Hand. Wie er endlich zu Hause ankommt und den Knorpel bei Licht besieht, ist es ein großes Stück Gold. An dem Inselt aber, das ihm der Bergmönch auf sein Grubenlicht gedrückt hatte, hat er zeit seines Lebens genug gehabt, denn es hat sich nie verändert.

Jetzt hat man lange nichts mehr vom Bergmönch gesehen und einige sagen, er sei ins Mönchstal gebannt. Auch soll als Wahrzeichen dort ein Mönch in Stein gehauen sein, den man heute noch sehen kann. Wer freilich nicht recht Bescheid weiß, findet ihn nicht.

Quelle: Friedrich Wrubel, Sammlung bergmännischer Sagen, 1883