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Das Aussehen des Drachens

  J. Kurth, Sonntagsbl, d. Preuß. Lehrerzeit., 1882, S. 467 (Nr. 30 )

Bei Regenwetter wird der Drache oft auch ausgesetzt von Leuten, die ihn gern los werden wollen. Eine alte Frau erzählte Folgendes:

Als ich ein Mädchen von etwa zehn Jahren war, sah ich in einer Hecke eines Abends nach einem Gewitter ein „kleines Hühnchen“, welches vom Regen ganz durchnäßt war und zu frieren schien. Ich nahm dasselbe, da ich Mitleid mit ihm hatte, nach Hause und setzte es unter die Ofenbank. Mein Vater machte mir schon gleich kein freundliches Gesicht, sagte aber noch nichts. Am nächsten Morgen jedoch lag vor dem Hühnchen ein Häufchen Körner, und als es die Flügel hob, glänzte es unter denselben wie Gold.

Kaum sah dies mein Vater, so gebot er mir, das Hühnchen nebst dem Häufchen Körner sofort zu nehmen und es dahin zu tragen, wo ich es gefunden hätte. Ich gehorchte und kaum hatte ich das Hühnchen wieder in die Hecke gesetzt, so war es auch verschwunden. Als ich wieder nach Hause kam, sagte mein Vater: „Bringe mir ja nicht wieder ein solches Hühnchen mit hinein; denn das ist der Drache. Wir wollen Gott danken, daß wir ihn wieder los geworden sind!“

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894