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Die reichen Bauersleute und der Hütejunge

  Mündlich von Frau Wolf in Fünfeichen

In Krebsjauche wohnten vor vielen Jahren Leute, die keine Kinder hatten. Von denen wurde immer gesprochen, sie hätten den Drachen; denn man wußte nicht, wo bei ihnen das Geld herkam.

Einmal verkauften sie dem Plundermann1) einen alten Stepprock, auf dem wohl schon lange die Hühner gesessen hatten. Als der Lumpenhändler diesen Rock zertrennte, fand er 50 Thaler in lauter Goldstücken in ihm.

Dieselben Leute hatten einmal einen Dienstjungen, dem waren sie sehr zugethan, und da er Ostern eingesegnet werden sollte, sagten eines Tages die Wirtsleute zu ihm, sie wollten heute mit ihm nach Fürstenberg gehen, um ihn ordentlich einzukleiden; er möchte in der Frühe aber erst eine Kartoffelgrube aufmachen. Der Junge machte sich noch vor der Sonne an die Arbeit.

Bei der Kartoffelgrube stand aber ein Dornstrauch. Als er nun beim Graben war, sah er auf einmal eine Jungfer an dem Dornstrauch, die winkte ihm und zeigte immer auf die Erde. Endlich ging er doch an den Strauch heran; da sah er kleine Pilze auf dem Boden stehen, die funkelten wie das pure Gold, und wie er darnach griff, war es auch wirklich Gold. Sobald die Sonne aufging, verschwand die Jungfer. Nun brauchte der Hütejunge das Geld seiner Wirtsleute nicht.

Diese verkauften später ihre Wirtschaft. Als die jungen Bauersleute in dem Hause Hochzeit feierten, kam auch der Drache angezogen. Weil er aber nicht hereingelassen wurde, ist nachher die ganze neue Familie ausgestorben.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894


1)
Lumpenhändler