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Die Riesenkeule bei Heidersdorf

  Nach Segnitz II. S. 224.

Bei Heidersdorf in der preußischen Oberlausitz befindet sich ein hoher, ungewöhnlich spitzer Felsen, weithin sichtbar und gewöhnlich der Spitzberg, im Volksmunde aber auch die Riesenkeule genannt. Von dem berichtet die Sage:

Als in der Oberlausitz noch ein heidnisches Riesengeschlecht hauste, kam einst ein christlicher Priester durch das Land gewandert. Er kam von einer Pilgerschaft aus dem heiligen Lande zurück und trug in einem Kästchen heilige Reliquien für die Andacht der wenigen Christen im Lande. Da begegnete ihm in der Gegend, wo jetzt Heidersdorf liegt, ein wilder Riese, der verhöhnte den gottesarmen Pilgrim und verlangte von ihm das Kästlein, um Spott und Spiel zu treiben mit den Gebeinen der Heiligen. Aber der fromme Priester erwiederte, er wolle lieber sterben, als die Heiligthümer in die Hände des Heiden geben. Das kannst du haben, schrie der Riese und schwang seine Keule. Aber der Pilgrim stand geduldig da, faltete seine Hände und betete inbrünstig zur heiligen Maria. Da fuhr ein Blitz her nieder, die Erde that sich auf und der Riese versank vor den sichtlichen Augen des Gottesmannes. Aber des Riesen Keule senkte sich nicht mit hinab, und steht noch heute aufrecht über seinem ungeheuren Grabe. Manchmal zur Nachtzeit aber bewegt sie sich hin und her, wie ein Baum im Sturmwinde.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862