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Der Drache im Garten

  Mündlich von einer Bäuerin aus Laaso

Eine Frau aus Laaso erzählte: „Unserm Hause gegenüber wohnt ein Bauer, der hat den Drachen. Der Mann schafft soviel Geld, daß man nicht weiß, wo es herkommt. Ich habe den Drachen selbst gesehen. Wenn ich abends den Stall ableuchten ging, kam er ganz blau und feurig mit einem langen Schwanze über unser Dach und auf dem Hofe des Nachbars fuhr er herunter. Der ganze Hof war ein Feuer, und auf dem Boden wurde es ganz hell. Manchmal, wenn ich in der Nacht aufstehen mußte, kam er auch, und unsere Stube wurde ganz hell.

Eines Abends ging ich übers Dorf. Es war heller Mondenschein. Da lag etwas in des Nachbars Garten; das war ganz feurig; es hatte einen langen Hals; vorn war es wie eine Berliner Henne und hinten hatte es lange Beine. Da dachte ich: Das muß wohl der Drache sein, ob du nur einen Stock nimmst und darnach wirfst. Und als ich dachte, es sei der Drache, dann fuhr er in die Höhe, und ich sah nichts mehr, nichts vor mir, nichts hinter mir, nichts über mir.

Es war nur gut, daß ich nicht geworfen hatte, sonst hätte mir noch etwas passieren können. „Das ist der Drache“, das darf man nicht sagen, dann ist er weg. Mein Mann hat ihn noch nicht gesehen, meine Kinder aber.„

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894