Die Rache der Bauern

„Op der Köttenicher Mue“ (Mauer), unfern des Dorfes Rath stand in alter Zeit ein Hof, nach anderen eine Burg. Der Burgbesitzer hatte viele Knappen und Pferde. Unter dem gewaltsamen Herrn hatten die Bauern viel zu leiden. Gar oft schickte er zur Heuerntezeit seine Knappen in die Umgegend und ließ willkürlich Heu der Bauern aufladen ohne ihnen etwas dafür zu zahlen. Alle vierzehn Tage schickte er seine Knechte aus, um Korn von den Speichern der Landleute einzusacken und Brot daraus zu backen. Er scheute sich nicht, Vieh aus den Ställen oder von der Weide von den hart Bedrückten treiben zu lassen.

Stillschweigend ertrugen die Landleute ihr Los jahrelang, bis dann endlich ihr lang verhaltener Grimm losbrach und für den Zwingherrn die Stunde der Vergeltung schlug. In einer dunklen Nacht kamen die Bedrückten mit Dreschflegeln, Sensen, Äxten und Beilen bewaffnet heimlich zusammen, um ihr Rachewerk auszuführen. Vorsichtig spannten sie rings um die Burg Drähte und Seile in einer Doppelreihe. Danach erhoben sie unter Trommelschlag am Rinkengraben ein weithin vernehmbares Geschrei und Gejohle, um den Zwingherrn aus seiner Burg zu locken.

Und wirklich gelang ihr Plan. Der Burgherr, der nichts von einem Anschlage ahnte, bestieg zornig mit seinen Knappen die Rosse und jagte den Berg hinunter, um sich davon zu überzeugen, was das Geschrei bedeute. Kaum hatte er seine Burg verlassen, da stürzte er mit seinem Pferd über die Seile, und die ihm folgten, stürzten über ihn. Sogleich eilten die ergrimmten Bauern herbei und machten alle nieder. Sie zogen dann in die Burg ein und zerstörten sie so vollständig, dass kein Stein auf dem anderen blieb.

Quelle: Heinrich Hoffmann: „Von Römern, Rittern und ruschigen Juffern“ Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurgebiet, 1911; eifelon.de