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Der Natternkönig in Königshain

  Aus einer handschriftlichen Beschreibung von Königshain v. J. 1752. S. 47. N. L. M. Bd. 36. S. 171.

„Ganz vorn beim Dorfe liegt das Natterngebüsch, wo sich große graue Nattern in Menge aufhalten. Die haben auch einen Natternkönig. Es geht einstmals eine Frau mit einem Kuchen vorbei, welche zwar schon Kenntniß gehabt haben muß von dem Natternkönige, denn da sie sieht einen großen von Nattern geschlossenen Kreis und in der Mitte auch eine mit einer güldenen Krone, breitet sie ein weißes Tüchlein nahe dazu, legt ihren Kuchen darauf und gehet alsdann auf die Seite. Da siehet sie denn, daß die Nattern kommen sammt dem Könige und nehmen diesen Kuchen, und der Natternkönig legt seine goldene Krone dafür hin auf das Tüchlein und die Nattern gehen alle mit diesem Kuchen fort. Wie die Frau siehet, daß Alles weg ist, gehet sie hin: so findet sie ein schön güldenes Krönchen auf dem Tüchlein. Solches nimmt sie und gehet zu Haus, welches sie hernach verkaufet und mehr denn zwei Thaler werth dafür bekommen.“

Anmerkungen: Ein Hausschlangenkönig schenkte einer Magd am Ende ihrer Dienstzeit eine Krone mit der Aufschrift: „Aus Dankbarkeit“ (Schnietzler, Bad. S. I. S. 134). Ein Mädchen gewann durch Ausbreitung eines weißen Tuches die Krone des Schlangenkönigs, die von Gold und grünen Edelsteinen war. Als es der Schlangenkönig sah, schrie er so entsetzlich, daß das Mädchen taub wurde. Die Krone verkaufte sie hernach für vieles Geld. (Müllenhof, Schlesw. Sag. No. 474.) Kurz: die weiße Farbe übt auf die Repräsentanten der Finsterniß einen zwingenden und siegreichen Zauber aus, so daß sie ihre Schätze opfern müssen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862