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Der Drache (Niederlausitz)

  Mündlich

Der Drache trägt Korn zusammen. Der Drache ist ein Kalb, liegt in einer Tonne, bekommt Hirse zu fressen. Ist der Hirse zu heiß, so spuckt der Drache Feuer. Er nimmt verschiedene Gestalten an; er erscheint als Kalb, Katze und Hühnchen.

Der feurige Drache läßt sich gern durch den Schornstein in das Haus nieder, in welchem er seinen Wohnsitz hat. Hellsehende Leute wollen das Ungeheuer in Gestalt eines schwarzen Kalbes erblickt haben, wie es eben die Bodentreppe herabkam; auch als schwarzer Hahn hat er sich manchen gezeigt. Seinem Besitzer soll er viel Geld und Korn heranschleppen.

In Coschen flog einmal ein Drache zwischen beiden Lichten von Wölschken nach Schulzen Backofen; vorn war er rund wie ein Kopf, dann wie ein Mangelholz, und ein langer Strahl schoß hinten nach. Wenn man mittags in der zwölften Stunde auf dem Felde so etwas findet: ein nasses Kätzchen oder ein „schüperiges“ (krankes) Hühnchen und nimmt es mit nach Hause und füttert es, dann entspinnt sich so etwas daraus und es trägt zu.

In Henzendorf schlugen einmal die Jungen mit Peitschen nach dem Drachen; da ließ er Weizen fallen.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894