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Der Alb

I

  Mündlich

Wenn junge Mädchen in der Spruce bei Guben vom Alb gedrückt werden, so sind sie der Meinung, der Alb, der sie gequält habe, sei ihr Liebster gewesen, den sie verachtet hätten oder dem sie untreu geworden wären. Junge Männer glauben dementsprechend, daß der Alb, von dem sie geplagt würden, ein Mädchen sei, zu dem sie in Beziehungen gestanden hätten.

Um sich vor dem Alb zu schützen, soll man, nachdem man sich ins Bett gelegt hat, mit der großen Zehe1) wackeln (Spruce, Schiegern), ein Strohband unter das Kopfkissen legen (Grötzich?), die Schuhe verkehrt, mit den Spitzen vom Bett abgewandt, hinstellen (allgem.), die Art, die Schneide nach der Wand gerichtet, unters Bett legen (Guben bezw. Lochwitz, Kr. Crossen ), Öl auf den Tisch stellen, das Schlüsselloch zustopfen (Strega); denn der Alb kommt als Weib durchs Schlüsselloch (Bärenklau), kommt als Teufel (Guben).

Wenn man den Gedrückten bei seinem Namen ruft, wird er frei (Schiegern).

Wenn man des Nachts keine Luft bekommt, muß man versuchen, daß man sich auf die Seite legen und vor das Bett sehen kann, dann steht vor einem ein Mensch; diesem muß man eine Frischbrotschnitte versprechen, alsdann wird er wie ein weißer Nebel und geht zum Schlüsselloch hinaus, durch das er auch hereingekommen ist. Den nädsten Morgen kommt der Mensch, um sich die Schnitte zu holen. Jetzt muß man ihn mit einem Birkenrutenbesen forttreiben, weil er gegen den keine Macht hat; dann geht der Mensch in die Heide die Baumstümpfe drücken (Guben bezw. Lochwitz, Kreis Crossen).

Ein Soldat, der oft vom Alp gedrückt wurde, zog vor dem Schlafengeben stets sein Seitengewehr aus der Scheide und legte beides in Kreuzform auf das Bett (Guben).

II

  Mündlich von Frau Hanschke in Oegeln

Ein Mann in Oegeln wurde des Nachts, wenn er schlief, häufig vom Alb gedrückt. Es warf sich plötzlich jemand über ihn, und er bekam nun fast keine Luft mehr und mußte beinahe ersticken. Der Mann, welcher schon bei Jahren war, behauptete, daß ein unverheiratetes Mädchen aus dem Dorfe ihn so quäle, deren Namen er sogar nennen könnte. Er wollte das Mädchen, welches ein rotes Schürzenband trug, an diesem Zeichen genau erkannt und deutlich gesehen haben, wie sie die Thür aufklinkte und zu ihm ans Bett kam. Wenn sie ihn genug geplagt hatte, verschwand sie auch wieder durch die Thür und brach beim Fortgehen noch in ein Lachen aus.

III

Der Ausgedinger Schulz in Steinsdorf wurde schon zweimal vom Alb gedrückt. Er erzählte darüber folgendes: „Das erste Mal lebte ich noch als unverheirateter Bursche in Ratzdorf. Es war gerade Musik im Kruge, und ich hatte da am Abend mit einem Mädchen meinen Spaß gemacht. Als ich nach Hause gegangen war und mich hingelegt hatte, da war ich kaum ein bißchen eingeschlafen, so war das Mädchen bei mir; sie warf sich auf meine Brust und guschelte mir immer links und rechts um die Ohren herum. Ich bekam beinahe keine Luft mehr; ich wollte das Mädchen anreden und konnte nicht, und dabei war ich doch munter.

Wie das Mädchen das so eine Weile gemacht hatte, husch, war sie wieder zur Thüre hinaus, und nun hatte ich Ruhe. Als ich das Mädchen am andern Tage traf, sagte ich es ihr, daß sie in der Nacht bei mir gewesen wäre; sie lachte bloß, aber sie merkte es gut, daß ich es wußte.

Das zweite Mal war ich schon hier in Steinsdorf. Wir hatten gerade geschlachtet. Da ging mir's in der Nacht wieder so. Damals war es eine Frau aus dem Dorfe. Wie die mich so quälte und „abguschelte“, bekam ich doch so viel Luft, daß ich sagen konnte: „komm morgen zum Frühstück!“ Es heißt nämlich, sie müssen dann kommen. Am nächsten Morgen war sie auch richtig da.“

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894


1)
Volkstümlich: Die Sehe