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Der Prediger und sein Dienstmädchen

  Mündlich aus Guben

Ein Prediger hatte einmal ein Dienstmädchen, die hieß Marie. Er besaß bloß eine Kuh; aber wenn die Marie vom Melken kam, brachte sie immer soviel typ:Milch, daß der Prediger meinte, das könne nicht mit rechten Dingen zugehen. Sie molk nämlich die Kühe anderer Leute mit aus; denn sie stand mit dem Bösen im Bunde und hatte sich mit ihrem Blute unterschrieben.

Eines Tages sprach der Prediger zu ihr: „Marie, du bringst immer soviel Milch; wenn du sterben solltest, wirst du auch mal selig sterben?“ Und er sagte weiter, wenn sie tot sein würde, möchte sie doch einmal als Geist zu ihm kommen. Sie versprach es und hat Wort gehalten, als sie gestorben war.

Eines Abends kam bei dem Prediger ein großer schwarzer Hund zur Stube herein und blieb an der Thür stehen. Da dachte sich’s der Prediger, wer das sei, und er sprach: „Marie, bist du's oder bist du’s nicht.“ Der Hund antwortete: „Ja, ich bin’s!“ Der Prediger fuhr fort: „Nun, wie geht dir's denn?“ Da sprach der Hund: „Ewig verloren, ewig verschwunden!“ und damit war er weg.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894