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Das Mittagsgespenst in Diehsa

  Köhler, Der Czorneboh S. 18. 
  Grässe S. 498

Das Mittagsgespenst pflegt besonders in der Gegend von Diehsa am Fuße des breiten Berges den Arbeitern auf dem Felde zu erscheinen und ihnen, wenn sie nicht reines Herzens sind, eine Masse von Fragen vorzu legen. Können sie dieselben beantworten, so ist es gut; wo nicht, so thut es ihnen ein Leides an.

Einst lag um die Mittagszeit ein junges Bauernmädchen hier im Grase und schlief. Ihr Bräutigam saß bei ihr, allein sein Herz war anderwärts und sann, wie er sich ihrer entledigen könne. Da kam das Mittagsgespenst einher geschritten und fing an, dem Burschen Fragen vorzulegen, und so viel er auch antwortete, immer warf es neue Fragen auf, und als die Glocke Eins schlug, da stand sein Herz still. Das Gespenst hatte ihn zu Tode gefragt. - Als aber das Mädchen die Augen aufschlug, da lag ihr Bräutigam blaß und todt neben ihr. Sie weinte und klagte manchen Tag, bis man sie neben dem Jüngling, der ihre Liebe nicht verdiente, zur ewigen Ruhe einsenkte.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862