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Die Pilweisen zu Lauban

  Martin Bohemus: Chronik von Lauban a. a. 1567. 
  Schindler: Der Abergl. des Mittelalters S. 144.

In Lauban lebte um's Jahr 1567 ein Maler, Hans genannt. Er wohnte in der Fleischergasse neben Urban Zeidlers Badehause. Dieser Mann und sein Weib sind vor den Rath gefordert und beschuldigt worden, daß sie Pilweisen wären. Man hat sie deshalb peinlich befragt (d. h. gefoltert), sie aber haben sich beide hoch verschworen und gesagt, so es wahr wäre, möchte Gott ein Zeichen an ihnen thun. Bin ich ein Pilweis, so will ich erblinden, sagte der Mann; bin ich ein Pilweis, so will ich erlahmen, sagte die Frau. Da hat man ihnen geglaubt und sie freigelassen.

Es hat aber nicht gar lange gedauert, da ist die Frau am rechten, Schenkel erlahmt, und bald darauf ist der Mann am rechten Auge erblindet. Die Frau hat nicht mehr lange gelebt und ist ohne Sang und Klang begraben worden. Und wie der Todtengräber sie hinausgetragen hat, da ist ein schwarzer Bock hinter dem Sarge hergegangen und hat gemeckert, die Leiche aber hat im Sarge mit den Lippen geschmatzt. Da hat der Todtengräber den Sarg vor dem Grabe aufgemacht und ihr einen Stein und einen Pfennig in's Maul gegeben, und den Sarg wieder zugemacht und begraben. Als aber der Bürgermeister die Sache erfahren, ist er sehr übel zufrieden gewesen. Der Todtengräber aber hat gesagt, daß es bei ihm nichts Neues wäre; sie würde nun schon das Maul halten.

Anmerkungen:

Vergleiche Grimms Mythologie S. 265. ff. Pilweis, Bilwitz u. s. w. ist eine Art Alp, ein Kobold oder von einem Kobold besessener Mensch, der Andern Schaden zufügt. Der Name soll nach Grimm dasselbe bedeuten, wie der Elbenname: gutes Holdchen. Interessant ist in dem obigen Berichte die Erwähnung des Bocks, die auf den zujener Zeit unvermeidlichen Teufel hinweist und die Pilweisin zu einer Hexe macht. Das Schmatzen wiederum deutet auf Vampyrismus. Uebrigens habe ich nicht finden können, daß der Pilweis auch nur dem Namen nach noch gegenwärtig im Volksglauben existire. Auch scheint er mehr dem schchen als dem lausitzischen Volke bekannt gewesen zu sein. Im schlesischen Recht (Böhmes Beiträge 6, 69.) ist Pilweiser = Zauberer, Wahrsager.

Zu Schweidnitz wurde Anno 1529 ein Pilweis lebendig begraben (Hoffmanns Monatsschrift S. 247.). Zu Sagan wurden Anno 1582 zwei ehrbare Frauen für Pilweisen und H…. gescholten (daselbst 702.). „Du Pilweissin!“ singt Andreas Gryphius p. 828.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862