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Liebeszauber

  J. Kurth, Sonntagsbl. d. Preuß. Lehrerz., 1882., S. 456 (Nr. 29.)

„Eine große Rolle im Aberglauben der Lausitzer spielt bis auf den heutigen Tag der Liebeszauber. Gewöhnlich wird derselbe nicht durch einen Trank, sondern durch einen Apfel, eine Semmel oder einen Pfefferkuchen zuwege gebracht ändert sich aber nach dem Genusse eines solchen Mittels das Wetter binnen 24 Stunden, so wird die Person, welche es genossen hat, unfehlbar wahnsinnig. Schlimm ist es auch, daß ein solcher Zauber nur auf eine Reihe von Jahren wirkt und daß nach Ablauf derselben sich die Zuneigung in Haß verwandelt.

Von zwei alten Leuten, die sich in ihrem Alter nicht vertrugen, wurde stets behauptet, daß die Frau in ihrer Jugend den Mann durch ein solches Mittel gewonnen habe und daß die Kraft desselben nun vorüber sei. In dem Dorfe B. (bei Triebel oder Forst) gab ein Mädchen einem jungen Burschen, dessen Liebe sie gewinnen wollte, einen Apfel, in welchen ein Liebeszauber eingeschlossen war. Der Bursche steckte selben in die Tasche seiner Jacke und ging in den Stall, um die Pferde zu füttern; hier fiel der Apfel aus der Tasche in die Strippe und wurde von einem Pferde gefressen.

Jetzt begann der Zauber in dem Tiere zu wirken, dasselbe verfolgte das Mädchen auf Schritt und Tritt. In seiner Angst flüchtete dieses in die offen stehende Kirche, das Pferd folgte ihm, es stieg die Turmtreppe hinauf, das Pferd kam hinterher. Da stürzt sich das Mädchen aus Verzweiflung zum Schallloche hinaus und bricht den Hals, das Pferd thut dasselbe und bleibt ebenfalls tot.

Ein Bild soll noch heut in der Kirche diese Begebenheit darstellen. Jedenfalls ist in derselben ein Wappen mit einem Frauen- und einem Pferdebilde, an welches das Volk diese Erzählung angeknüpft hat.“

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894