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Die Elben

  Büsching II. 354. 386. 
  Haupt und Schmaler, Wend. Lieder II. 269.

In der Lausitz sagt der gemeine Mann von dem Kranken, welcher mit der fallenden Sucht behaftet ist: er hat die Elben. Auch von kleinen Kindern, welchen die Krämpfe das Gesicht verziehen, heißt es: das arme Kind wird von den Elben gar sehr geplagt. Diese Redensart, bei der man sich wohl nichts Bestimmtes mehr denkt, deutet offenbar auf den Volksglauben an die Elfen oder Alfen (Wreginj bei den Wenden) hin, die in der nordischen Götterlehre als gute und böse Wesen eine so große Rolle spielen, und in den Hexenprozessen des sechszehnten Jahrhunderts als Plagegeister häufig vorkommen. Die Hexen nannten sie ihre guten Holdchen, fahrende Dinger oder Unholde, welche sie Menschen und Thieren beibringen konnten, auch ihre „reißende gute Kindchen“ nannten sie dieselben, und bekannten da bei, es seien die Früchte ihrer Buhlschaft mit dem Teufel und beschrieben ihre Gestalt als die eines Wurmes, oder einer Fliege von weißer oder schwarzer, zuweilen auch weiß und schwarzer Farbe.

Diese Elben buken sie dann in Kuchen und wer davon aß, bekam die Krämpfe oder eine andere Krankheit, thaten sie in Getränke, gruben sie auf den Weg, daß, wer über sie hinschritt, erlahmen mußte.

Die Wreginj (Plagegeister) der Wenden haben die erweiterte Bedeutung, daß auch die Zornwuth oder Tobsucht (vergl. die nordische Berserkerwuth) als Besessenheit von diesen bösen Geistern bezeichnet wird.

Anmerkungen: Der Wurm ist eine Schlange im Kleinen. Auch Raupen sind deshalb dämonische Thiere. Die Farbe erinnert an den Dualismus der Lichtelben und Nachtelben, der bei den übrigen elbischen Gestalten unsrer Sagen zurücktritt. Es ist ein Zeichen treuer Aecht heit der Sage, daß dieser Dualismus sich gerade an den Namen der Elben heftet und es liegt Logik darin, daß bei den andern Geistern mit einer bestimmten ausgeprägten Persönlichkeit diese Zweiheit zurücktritt. (cf. Grimm, Mythologie S. 250.)

Die Verwandtschaft dieser Wurmelben mit den menschlich schönen Elfen hat ein Spie gelbild an der eddischen Sage von den Würmern, die im Fleische des Riesen mit ent sprangen und dann von den Göttern menschliche Gestalt und Begabung erhielten, um von nun an als Zwerge im Leibe der Berge zu leben. (Snorri, p. 15.) Eine zweite Parallele liegt in der Verwandlung von Schlangen in Menschen.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862