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Der grüne Peter und die Däumlinge

  Gräve S. 197. 
  Ed. Kauffer (konstitut. Zeitung) 1852 No. 128.

Vor langer, langer Zeit, als die Oberlausitz noch böhmisch war, lebte dort, wo jetzt das Dorf Oppach liegt, ein Fuhrmann, der hieß nur immer der grüne Peter, weil er einen grünen Rock zu tragen pflegte. Er hatte ein merkwürdiges Glück in allen seinen Unternehmungen und war nach und nach ein reicher Mann geworden, hatte eine Menge Knechte und viel schönes Vieh in seinen Ställen. Aber das kam von nichts weiter her, als von den Däumlingen, die in seinen Ställen wohnten, den Knechten die Arbeit verrichteten und Alles im besten Zustande erhielten. – Wußte es auch alles Gesinde, wies zuging, nur allein der Herr nicht, der dachte blos immer, das läg an seiner eigenen Klugheit und Geschicklichkeit.

Einstmals aber hat's ihm ein Knecht verrathen, daß die Däumlinge Alles so schön in Ordnung hielten, und ist der Herr zornig geworden, denn es war ein stolzer und auf geblasener Mann, hat auf die Däumlinge geflucht und er wollte nichts mit ihnen zu schaffen haben, und es wäre Alles Einbildung, denn er hat nichts geglaubt von dem stillen Walten des kleinen Volkes. Kommt auch des andern Tages in den Stall, begegnet ihm ein Däumling, das war der Liebling des Großknechts und der fleißigsten einer, trug auch ein rothes Käppchen, das ihm die Knechte hatten machen lassen. Als den der Herr sahe, ergrimmte er in seiner Thorheit, und ob ihn wohl der Däumling um Schonung anflehte, und alles Gesinde ängstlich bittend herzukam, zertrat er ihn doch mit seinem Stiefel.

Da ist von dem Augenblicke an die Wirthschaft hinter sich gegangen, ein großes Viehsterben gekommen und Alles verwahrloset worden, denn die Däumlinge waren ausgewandert und hatten den grünen Peter verwünscht. Der hat sich auf's Saufen gelegt und ist ein wüster Bursch geworden, so daß alle Leute sagten, es würde mit ihm kein gut Ende nehmen. Und so war's. Denn als er einst am grünen Donnerstage mit seinem Gespann von Bautzen zurückkehrte und am Worbisberge hinfuhr, ist ein fürchterliches Donnerwetter über ihn herein gebrochen, daß die Pferde gescheut und gebäumt haben. Mein Peter aber ist trunken gewesen, hat blos geflucht und gesagt, so wolle er doch gleich vom Donner erschlagen sein. Und siehe, ein Blitz, ein Schlag, da fuhr's hernieder, tödtete ihn sammt seinen Pferden und steckte den Wagen in Brand.

Seitdem treibt der grüne Peter auf dem Worbisberge sein Wesen, vornehmlich in der Nacht des grünen Donnerstages. Da wettert ein Wagen daher mit zornigen Rossen, darauf sitzt der grüne Peter ohne Kopf, knallt mit der Peitsche und erschreckt den einsamen Wanderer.

Anmerkungen:

1. Die Kobolde tragen gern rothe Mützchen (Sommer, Thüringische Sagen S. 171.), ebenso die Kaboutermännchen (Wolff, N. S. p. 572.).

2. Man bemerke beim Schluß das Hineinspielen des Sagenkreises vom wilden Jäger. Auch der grüne Rock des Peter kann dahin gedeutet werden. Grön Jette heißt in Dänemark der wilde Jäger. Grün ist oft die dämonische Farbe.

3. Donnerstags sind Elfen und Zwerge und dergleichen am thätigsten. Niemand in der Lausitz wird am Donnerstage Hochzeit machen. In obiger Sage übernimmt Thor, der Donnergott, dem der Donnerstag besonders zu Ostern und Himmelfahrt geheiligt ist, die Rache der Däumlinge, deren König er ist.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862