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Der Kobold

  Gräve S. 57. 
  Haupt und Schmaler II. 267

Der Kobold (wendisch Kobolt, Koltk oder Kubotêik) ist ein Hausgeist, der in abgelegenen Winkeln, Holzschuppen, Bodenkammern, Kellern u. s. w. wohnt, und von den Hausbewohnern gut gepflegt und gespeist sein will, denn er ist gar sehr launisch, und wenn er nicht gut behandelt wird, und ebenso gut zu essen bekommt als die Hausbewohner, so poltert er des Nachts gar erschrecklich im Hause umher und wirft sogar die Leute aus dem Bette heraus. Gute Behandlung weiß er aber auch zu vergelten, macht des Nachts dem Gesinde die Arbeiten oder spinnt an dem Rocken der Hausfrau weiter, bringt Getreide ins Haus, das er andern stiehlt, und auch manchmal – und dann in Gestalt einer Dohle – bares Geld. Sonst nimmt er auch gern die Gestalt eines Kalbes an. Bei Vollmondschein erscheint er zuweilen den Kranken.

Anmerk. Kobolt, von cob (wälsch der Daumen) = Däumling, mittellateinisch cobalus, Possenreißer, griechisch xóßajog, Spötter (niederländisch Cabot, französisch Gobelin). – Noch jetzt spricht man von einer Magd, der die Arbeit rasch von der Hand geht: sie hat den Kobold. – Auch die Alten kochten für die Dämonen – coena Daemonum Plaut. Pseudol. Act IlI. sc. 2. v. 7.). Die Hindu füttern ebenfalls ihre Hausgeister (Wilsons Theater der Hindu I S. 94. Anmerk.). Hausgeister sind Seelen der abgeschie-T denen Ahnen. So lange ihr Geist im Hause waltet, geht Alles gut. – Auch die Pena-– ten der Alten waren Laren, abgeschiedene Geister, s. Plaut Merc. V. 1., 5. Die Gestalt der Dohle erinnert an das Venedigermännlein, das Geld schöpft und auf und davon fliegt wie ein Vogel. (Vonbum, vorarlbergische Sagen S. 17.) Die Hauselben der Iren heißen Raben Preachan (Grimm, Jr. Elfenm. XIV.) Daher glaube ich, daß der in manchen Gegenden gebräuchliche Name Kolkrabe auf das slavische koltk = Kobold zurückzuführen ist. Raben sind Wodans - Vögel, dann aber auch Teufelsattribute (siehe No. 96., No. 182., No. 107.). Man findet auch oft noch hier und dort in den beiden Lausitzen Wiesel, Mauerschwalben, Ziegenmelker u. s. w. getödtet an Stallthüren hangen, welche man für dergleichen Kobolde oder Alpe hält. Gegen ihren bösen Einfluß helfen die Anfangsbuchstaben der Namen der heiligen drei Könige: C. † M. † B., die man noch heute vielfach an Haus- und Stall thüren angeschrieben findet. Ein ausgehöhlter Felsen auf dem Tschernebog heißt die Ko boldökammer (Koltki domy). Dort wohnen sie im ganzen Haufen zusammen und mecken die Vorübergehenden.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862