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Die Wassermannsfrau und die Wehmutter

  N. L. Mag. 1842. Anhang S. 74 (aus der Gegend von Döbschütz).

Es ging einmal eine Wehmutter am See vorüber. Da begegnete sie einer großen Kröte. Die Kröte saß traurig am Ufer und sah die Wehmutter mit betrübten Augen an und bat sie, sie möchte doch mit ihr gehen; ihre Herrin sei in Kindesmöthen und wolle gebären, sie würde sie gewiß reichlich belohnen. Die Wehmutter bedachte sich ein Weilchen, dann sagte sie: ja, ich will mit Dir gehen, führe mich nur. Da sprang die Kröte sofort ins Wasser, das Wasser theilte sich und zeigte eine breite Treppe. Auf der Treppe stand ein junges Mädchen, das sagte ganz freundlich zu der Wehmutter: steig nur getrost herab, es wird Dir kein Leid widerfahren. Denn die Frau fürchtete sich.

Doch stieg sie hinab, das Wasser schloß sich wieder über ihr und nun gelangte sie an der Hand ihrer Führerin in einen wunderschönen Palast von lauter durchsichtigem und glänzendem Krystall, und es war. Alles sehr schön und prachtvoll eingerichtet, und auf einem seidenen Ruhebette lag eine wunder schöne Frau in Kindesnöthen. Als Alles vorüber und ein munteres Knäblein zur Welt gefördert war, da erzählte die Wöchnerin der Wehemutter, sie habe einst im See gebadet, da habe sie der Nix geraubt. Anfangs habe sie sich vor ihm gefürchtet, aber hernach sei sie seine liebe Frau geworden. Einmal kam auch der Nix ins Wochenzimmer, liebkosete die Frau und das Kind und belohnte die Wehemutter sehr reichlich. Ueberhaupt wurde sie da unten fürstlich bewirthet. Als alle Gefahr vorüber war, führte das junge Mädchen die Wehemutter wieder auf die Oberwelt und das Wasser schloß sich wieder hinter ihr. Von ihrem reichlichen Lohne hat sie lange Zeit gelebt.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862