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Der weiße Dorant

Aus Groß-Breesen. Brieflich durch Pfarramtskandidat Clausnißer -Berlin

Der Teufel verführt gern die Wöchnerinnen vor ihrem ersten Kirchgange und zwar geschieht dies um die Mittagszeit. Einst kam er in Gestalt eines feinen Herrn zu einer Frau, die kurz vorher Mutter geworden war, und bat sie, ihn des Weges zu geleiten. Die Frau, welche nichts Böses ahnte, sagte dies zu, und beide verließen das Gehöft nach hinten heraus.

Als sie über eine Wiese schritten, da rief der Herr ihr zu: „Heb' hoch deine weiße Leinwand (Kleid), damit du nicht stößt an den weißen Dorant1)!“ Die Frau, welche die Schutzkraft dieser Pflanze kannte, sah sich nun den Fremden genauer an und bemerkte einen Pferdefuß an ihm. Sie berührte mit ihren Kleidern jetzt erst recht den Dorant, worauf der Teufel in des Wortes verwegenster Bedeutung verduftete.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894


1)
Achillea Ptarmica L.; als Schutzmittel gegen den Teufel