Ein Knabe wird mit Läusen geschlagen und geheilt

  Von Herrn Lehrer Holtz

Wenn man von der oberen Klatterstraße in die Enkerei einbiegt, so sieht man linker Hand eine Reihe einstöckiger Häuschen. Von der Straße unscheinbar, zeigen sie doch an der Hinterseite drei Stock, da sie an einem Bergabhange liegen. Eines dieser Häuser ist als „Lauch“ bekannt.

Aus diesem Hause diente ein Junge die Messe. Eines Morgens ging der Kleine auch wieder früh zur Kirche. Da begegnete ihm auf der Katzhecke ein steinaltes Mütterlein, das an einem Krückstocke mühsam daherhumpelte. „Wat beß de att fröch opp!“ redete die Alte, die dem Kleinen gänzlich unbekannt war, diesen an. „Ja, ich moß en de Kerch john.“ „Wat deest de dann att esu fröch en de Kerch?“ „De Meß deene“. „Dat es brav!“ lobte die Alte den Kleinen und klopfte ihm auf die Schulter. Dann gingen beide ihres Weges.

In der Kirche wurde der Knabe aber über und über mit Läusen bedeckt, so daß er vom Altar nach Hause gehen mußte. Eine Nachbarsfrau kannte folgendes Mittel: Die Kleider des Knaben mußten verbrannt werden, die Asche sorgfältig gesammelt und begraben. Dann mußten die Leute beten. Man folgte dem Rate.

Als unten am Mühlenteich das Feuer die Kleider des unglücklichen Knaben verzehrte, traf oben am Fuße der Treppe, die von der Straße in den Hof führte, ein altes Weib mit einem Krückstocke ein, welches gespannt nach dem Feuer um die Ecke lauerte. Es erkundigte sich bei der Magd, was das Feuer bedeute. Die Magd erzählte, worauf die Alte „Hm, datt hött ihr nett dohn sölle!“ brummte und sich entfernte.

Der Knabe war erlöst. Die Alte war aber nach der Beschreibung jedesmal dieselbe gewesen.

Quelle: Heinrich Hoffmann , Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Zweiter Teil: Sagen aus dem Indegebiet; www.stolberg-abc.de