Der Müllerbursche und die Katze

  „Echo der Gegenwart“ 26.02.1910

Von einer Müllerin aus derselben Gegend wußte der Gewährsmann ebenfalls böse Sachen zu erzählen. Die stellte einem Müllerburschen ihres Mannes nach, wurde aber stets abgewiesen. Da fiel es dem Müllerburschen auf, daß in der Nacht (wenn er durcharbeiten mußte), regelmäßig eine schöne weiße Katze zu ihm kam, die er früher nie gesehen. Sie sprang auf seinen Schoß und war ihm oft sehr hinderlich.

Eines Abends fiel er beinahe über das Tier, nahm einen Stock, schlug danach und gab ihm einen tüchtigen Schlag über die Vorderpfoten. Sie entfloh, und am nächsten Tage erschien die schöne Müllerin mit verbundenen Händen. Seitdem erschien die Katze nicht mehr, aber jede Nacht ertönte ein solches Katzengeschrei, und es wurde dem Burschen so übel mitgespielt, daß er den Dienst verlassen mußte.

Katzen spielten überhaupt bei diesem Erzähler eine große Rolle, und er warnte uns Kinder ernsthaft, am Abend eine begegnende Katze lange zu besehen, zu schlagen oder zu werfen.

Quelle: Heinrich Hoffmann , Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Zweiter Teil: Sagen aus dem Indegebiet; www.stolberg-abc.de