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Die Holzweiblein von Königshain

  Beschreibung von Königshain, eine handschriftl. Bauern-Chronik v. J. 1752. S. 61–63. K. Haupt, 1. c. No. 14. 

„Auf dem Heideberge bei Königshain hat es viele Holzweiblein gegeben; sind gewesen wie kleine Kinder mit schönen langen gelben krausen Haaren; die hat der böse Feind immer herum gejagt, welche nicht eher Ruhe finden können, bis sie zu einem Stocke gekommen, da dann der Holzhacker hat ge sagt: „das walt Gott,“ ehe er den Baum umgehauen. Da hat er sie mit Frieden gelassen.“

„Ist einmal ein solch Holzweiblein Winterszeit zu dem Bauer in die Stube gekommen, eben dessen, dem der Berg zugehörig, und sich den ganzen Winter aufgehalten. Haben ihm auch zu essen gegeben. Frühjahrszeit kommt wieder dergleichen ein anderes solches Holzweiblein zu dem Bauer unter das Fenster und ruft dem, das in der Stube ist, zu: „Deuto, Deuto!“ Wie das in der Stube solches höret, stehet es auf und gehet mit Jammern fort und haben's nicht mehr gesehen.“

Anmerkungen: Sollte der Ruf Deuto durch „Deutsche“ zu erklären sein, so wären zwei Hypothesen möglich. Entweder ist es der Name des Holzweibleins, dann würde der Ursprung der Sage in die Zeit der Wendeneinwanderung zu setzen sein, oder es heißt soviel als: „Deutsche kommen!“ und würde dann ein Warn- und Fluchtruf, die Zwerge selbst aber Repräsentanten der vertriebenen Slaven sein. Für die erste Annahme spricht vielleicht die Erwähnung der blonden Haare. Eine solche historisch-nationale Deutung ist indessen niemals stricte zu nehmen. In der Anschauung des Volkes vermischte sich die Vorstellung von verdrängten Nationen immer mit der ihrer Götter, deren Epigonen ja die Zwerge sind. In Thiemendorf lebt ganz dieselbe Sage (siehe Köhler, Bilder aus der Oberlausitz S. 49.). Der Ruf ist dort aber: Deutoseu. – In obiger Sage wird der Zwerg beinahe anmuthig beschrieben. Die nach Grimm ursprünglich häßliche Natur der Zwerge, die nur durch spätere Vermischung mit Elfen gemindert wird, tritt überhaupt bei den lausitzischen Zwergen zurück. Sie sind alle vorherrschend in günstigem Lichte betrachtet – auch körperlich zwar nicht schön, aber auch nicht häßlich. Und wenn auch sonst vielleicht häßlich, doch nicht ohne etwas Hübsches, z. B. schöne Haare am Leibe zu haben.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862