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Die Erbauung des Schlosses in Kohlo

  Mündlich von Ausgedinger Hagel in Ögeln

Das Rittergut Kohlo gehörte früher einem Herrn von Marwitz1), der Premier-Minister in Dresden war. Derselbe hatte eine sehr prunksüchtige Frau, die auf ihrem Gute gern ein schönes Schloß haben wollte. Um sie zu überraschen und ihr eine recht große Freude zu machen, ließ der Minister in Kohlo ein prächtiges Schloß aufführen, als sie gerade längere Zeit von hier abwesend war und in Dresden wohnte. Sobald der Herr von Marwitz Nachricht hatte, daß das Schloß fertig sei, reiste er mit seiner Gemahlin nach Kohlo.

Da er mit seinem Wagen in die Nähe des Dorfes kam, fragte ihn die Frau: „Was ist denn das für ein schönes Schloß?“ – „Das deine!“ gab er zur Antwort. Nun war die Freude groß, und auf dem Gutshofe angekommen, betraten beide das Schloß, es zu besichtigen. Als sie hierbei auch das Dach bestiegen, um sich an der Fernsicht zu ergötzen, that der Herr von Marwitz einen Fehltritt, fiel vom Dache und war tot.

Graf von Brühl, der das Rittergut Kohlo gekauft hat, ließ das Schloß abbrechen.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894


1)
Ob nicht richtiger von Dalwitz?