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Hübel und Habel

  Büsching I. 99. Grässe S. 553. K. Haupt, l. c. S. 216. No. 6.

Zu dem Besitzer der am Dittersberge gelegenen Halbhufe kam einst, während er ackerte, ein Zwerg und bat ihn, es Hübel (einem weiblichen Zwerge) zu sagen, daß Habel (ein männlicher Zwerg) gestorben sei. Als nun der Bauer diesen ihm sonderbaren Vorfall beim Mittagsessen erzählt, kommt ein bisher nie bemerktes Weiblein aus einem Winkel der Stube zum Vorschein, eilt wehklagend zum Hause hinaus und den Berg hinauf, ohne daß man es je wieder gesehen hat.

Anmerkungen: Der Ruf, der stets dieselbe Wirkung hat, ist verschieden. Das Buschmännchen in Königshain ruft: Hipelpipel ist gestorben; das Holzweibchen, ebendaselbst: Deuto, Deuto; andere oberlausitzische Zwerge: Urban ist todt; der König ist gestorben; o große Noth, o große Noth, die alte Mutter Pump ist todt.

„Urbanus sei todt“ rufen auch die Vorarlberger Zwerge (Vonbun S. 3., 7.). Die Freiburger Zwerge rufen: „Hans Aebli, sag's dem Appele, d'Appele sei todt“, was mit „Hübel und Habel“ die meiste Aehnlichkeit hat (Kuenlin S. 25.).

Ob Hübel soviel wie Hügel bedeutet? Es ist wahrscheinlich. Der Zwerg mit seiner aufgestülpten spitzen Tarnkappe ist ein Symbol des Berges, ja eine Kopie desselben im Kleinen. Daß beim Weibchen ü in a, der dunkle Vokal in den hellen verwandelt wird, liegt in der Lautsymbolik, die in den alten Namen der Sage besonders deutlich sich kundgiebt. A ist der weibliche, u der männliche Vokal, denn u, der geschlossene Laut, entspricht dem concentrischen Wesen des Mannes, a, der geöffnete, dem aufgeschlossenen receptiven und excentrischen des Weibes. Indessen kennt die Sprache auch noch eine andere Vokal symbolik, wenn sie a und u zur Bezeichnung des Starken und Großen und somit männlichen, e und i zur Bezeichnung des Kleineren und Schwächeren und somit weiblichen gebraucht. Letztere Erfahrung hat Liebusch in seiner Skythika unerhört einseitig ausgebeutet.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862