<< Spuk am „großen Henzendorfer See" | Niederlausitzer Volkssagen | Die Erbauung des Schlosses in Kohlo >>

Der fortgelaufene Eierkuchen

  Mündlich von Häusler und Handelsmann Hanschke sen. in Ögeln

Zwei Frauen in Jetzschko bucken einen Eierkuchen, und als er ziemlich gar war, bekamen sie Streit um denselben, weil ihn jede ganz haben wollte. Die eine sagte: „Den Eierkuchen nehm' ich mir!„ Die andere: „Nein, den will ich ganz haben!“ Ehe sie sich's versahen, bekam der Eierkuchen Füße, sprang zum Tiegel heraus und lief fort.

Da begegnete er dem Fuchse. Dieser sagte zu ihm: „Eierkuchen, Eierkuchen, wozu, wozu?„ Der Eierkuchen erwiderte: „Ich bin zwei alten Weibern fortgerannt, dir werde ich auch fortrennen!“

Darauf begegnete er einem Häschen. Das rief auch: „Eierkuchen, Eierkuchen, wozu?“ Dieser antwortete: „Ich bin zwei alten Weibern fortgerannt, dem Fuchse-Kanell, und dir werde ich auch fortrennen!“

Der Eierkuchen lief weiter und kam an ein Wasser. Auf dem kam ein Schiff mit Leuten geschwommen. Diese schrieen auch: „Eierkuchen, Eierkuchen, wozu?„ Er sagte wieder: „Ich bin zwei alten Weibern fortgerannt, Fuchse-Kanell, Hasen gar schnell, und euch werde ich auch fortrennen.“

Jetzt begegnete ihm ein großes Schwein, das rief ihn auch an: „Eierkuchen, Eierkuchen, wozu, wozu?“ „Ach, sprach er, „ich bin zwei alten Weibern fortgerannt, Fuchse-Kanell, Hasen gar schnell, Schiffe mit Leiten 1), Dir werd' ich auch noch entschreiten!“ Das Schwein sagte: „Eierkuchen, ich höre nicht gut, du mußt mir's ins Ohr sagen!“ Da ging der Eierkuchen nahe heran und waps! waps! hatte das Schwein ihn weg und fraß ihn auf, und damit hat die Geschichte ein Ende.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894


1)
Leuten