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Spuk am „großen Henzendorfer See"

  Mündlich von der alten Frau Bandow in Fünfeichen

Die zweiundachtzigjährige Frau Bandow ging als Kind so sehr oft in den Sommernachten an den „großen Henzendorfer See“ krebsen; denn sie mußte sich, da ihr Vater ein armer Schäfer war, ihre ganze Kleidung auf diese Weise verdienen. Als sie in einer Nacht mit ihrem Bruder wieder einmal die Ufer ableuchten ging, sahen beide auf dem Wasser ein Lichtchen; das tanzte immer hin und her. Das sagte der Bruder: „Mariedore, komm nach Hause; das wird uns noch reinziehen!“ Sie antwortete ihm aber: „Sei stille, mein Junge, das hat keinen Teil an uns; ich habe ein Vaterunser gebetet! Laß uns nur weitermachen.“

Nach einer Weile hörten sie es auf dem Wasser lachen. Da sagte der jüngere Bruder noch einmal: „Mariedore komm, ich fürchte mich!“ Da dachte sie: Man weiß ja doch nicht, was da werden kann, und sie begab sich auf den Heimweg. Als die Geschwister den See verließen, hörten sie es noch einmal recht laut lachen. Sie erzählten nun zu Hause, was sie gesehen und gehört hatten, und da wurde ihnen gesagt, das wäre der Nachtjäger gewesen.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894