<< Woher der Name Einbecke? | Niederlausitzer Volkssagen | Die drei Berge in Haaso >>

Wie das Dorf Cholmen an die Stadt Guben kam

I

  Mündlich von Ackerbürger Schuster in Guben

Zu Anfang des dreißigjährigen Krieges hatte das Dorf Cholmen, welches beim Heidekruge stand, einen Herrn, namens Reiche. Der war mit seiner jungen Frau erst wenige Tage verheiratet als er sie plötzlich verlassen und in den Krieg ziehen musste. Er war lange fort und kam als völlig ergrauter Mann wieder. Da er klopfenden Herzens sein Dorf betrat, wurde ihm auf die erste Frage nach dem Befinden seiner Gattin berichtet, daß diese gerade heute ihre Hochzeit feiere.

Im auflodernden Zorn darüber, daß ihm seine Gemahlin, die ihm beim Scheiden geschworen hatte, nie die Frau eines andern zu werden, untreu geworden war, warf der rauhe Krieger noch an demselben Tage mit eigener Hand den Brand in sein Besitztum, äscherte das ganze Dorf ein, vertrieb das Brautpaar und auch die übrigen Bewohner des Dorfes, welche damals noch Leibeigene waren, begab sich dann nach Gubin, verkaufte hier die Dorfmark an die Gebrüder „Seelenstrang“, zwei reiche Schuhmachermeister, für einen Reiterstiefel voll Gold und verschwand in die weite Welt. Die Gebrüder „Seelenstrang“, die beide unverheiratet waren, vererbten ihren Besitz an die Bürgerschaft ihrer Vaterstadt.

Noch lange blieben die Schuhmacher in Bezug auf Heidegerechtigkeiten vor den übrigen Bürgern bevorzugt.

II

  Mündlich von einem alten Ausgedinger in Niemaschtleba

Die Einwohner von Cholmen vereinigten sich mit denen eines Dorfes, das bei Theerofen gestanden hat, und gründeten Niemaschkleba. Jene Dörfer waren im Hussitenkriege verwüstet worden.

Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894