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Der nächtliche Hund

In früheren Zeiten wurden die Pferde nicht nur bei Tage gehütet, sondern auch des Nachts auf der Weide gelassen. Das geschah auch in Dornburg, und zwar auf der Gemeindewiese am Scharrlachsee. Aber auf die Dauer ging das nicht an, denn wenn auch die Pferde bis die Nacht um zwölf ruhig geweidet hatten, so wurden sie plötzlich wild und stürmten dem Dorfe zu, sodass man sie dann doch in die Ställe bringen musste.

Da beschloss man, die Wiese mit einem Zaune zu umgeben, denn man hoffte, es so zu erreichen, dass die Pferde auf der Weide blieben. Aber auch das hat nichts geholfen, und ein Hirtenjunge hat in der nächsten Nacht auch gesehen, weshalb nicht. Als er nämlich in der Nacht bei den Pferden wachte, erschien bei der Herde ein Hund von der Grösse eines einjährigen Rindes. Der Hund ging auf die Pferde zu, welche vor ihm zurückwichen und sich ängstlich in der Ecke eines Zaunes zusammendrängten. Unter dem Druck der Pferde zerbrach der Zaun und die scheuen Tiere eilten in wilder Flucht dem Dorfe zu.

Seit der Zeit hat man die Pferde nicht mehr des Nachts auf der Gemeindeweide zu lassen gewagt, sondern dieselben jeden Abend den heimischen Ställen zugetrieben.

Quelle: Autor: Fr. Adler, „Sagen aus der Provinz Sachsen“, Herausgeber: Edmund Veckenstedt, 1888, Verlag Alfred Dörffel, Leipzig