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Die Gebeine des heiligen Bernhard (von Kamenz)

  Tic. ep. hist. Rosenth. c. I.

Bernhard starb und ward in dem Kloster begraben, das er gestiftet hatte, und ein schönes Denkmal ward errichtet über seinen Gebeinen; aber wie der Zahn der Zeit Alles zernagt, so ward auch das Denkmal morsch und alt, und nach etwa 400 Jahren, anno 1628, mußte man des Todten Ruhe stören, um das Denkmal zu erneuern und zu verschönern. Kaum war der Stein gewichen und die Gebeine des heiligen Bernhard blosgelegt, da drang aus dem Grabe hervor ein wonniglicher Geruch und erfüllte drei Tage lang das ganze Kloster, und Alle liefen herzu und staunten das Wunder an und schwelgten in der Süßigkeit des Duftes. Aber die Schwester Maria (Mildnerin) war krank und lag im - typ:Bette. Doch als der Geruch bis in ihre einsame Zelle drang, da bat sie die Klosterschwestern, und die hoben die Kranke auf und trugen sie an das offene Grab. Maria kniete nieder an den duftenden Gebeinen, betete inbrünstig und ging geheilt von dannen.

Anmerkungen:

  1. Die Eigenschaft des süßen Geruch es scheint an dem Namen zu haften. Der heilige Bernhard von Clairvaug hatte die Eigenschaft einer wohlriechenden Hand, mit diesem Dufte heilte er einmal einen wollüstigen Jüngling von seiner Sünde.
  2. Im Kloster Marienstern giebt oder gab es viele wunderthätige Reliquien: z. B. 78 Köpfe von den 11000 Jungfrauen, also mehr als irgend ein anderes Kloster aufzuweisen hat; diese haben sich besonders heilfräftig bewährt bei Abhaltung der Pest (vielleicht im Zusammenhange mit dem Th. I. No. 8 mitgetheilten Aberglauben); desgl. die Hirnschale Johannis des Täufers, desgl. ein Theil von dessen vergossenem Blute, desgl. ein Stück von seinem Rocke; desgl. eine Ribbe des Apostel Matthäus; desgl. ein Finger des Apostel Andreas, welcher beständig einen so angenehmen Geruch von sich giebt, daß der herrlichste Balsam nicht süßer duften kann (Tic. l. c. cap. 3. p. 48).

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862